Grundlage für die Darstellung der Einnahmen der staatlichen Stellen sind die entsprechenden Daten zu den Zahlungen der Unternehmen für das aktuelle Berichtsjahr.
In den D-EITI Berichten für die Berichtsjahre 2016 und 2017 wurden die korrespondierenden Einnahmen der staatlichen Stellen erhoben und ein unmittelbarer (Zahlungs-)Abgleich mit den berichteten Daten der Unternehmen durchgeführt, der keine bzw. keine erwähnenswerten Abweichungen ergeben hat (aussagebezogener bzw. einzelfallbezogener Ansatz). Aufbauend auf diesen Erkenntnissen erfolgte für den dritten, vierten und vorliegenden fünften deutschen EITI Bericht abweichend zu der ursprünglichen Vorgehensweise eine Analyse der Prozesse und Kontrollen bzw. Kontrollmechanismen, die auf Seiten der staatlichen Stellen eingerichtet sind, um eine ordnungsgemäße Erhebung (Sollstellung) und Abwicklung (Zahlung) der jeweiligen Zahlungsströme sicherzustellen (systembasierter Ansatz). Der Begriff der „Ordnungsmäßigkeit“ bedeutet im Hinblick auf die Zielsetzung von EITI u. a.,
Die Gesamtheit aus eingerichteten Prozessen, Verfahren und Kontrollen ist im Sinne eines internen Kontrollsystems zu verstehen, mittels dessen das angestrebte Ziel einer ordnungsmäßigen Erhebung der jeweiligen Zahlungen unterstützt wird. In Deutschland basiert dieses System grundsätzlich auf einem Zusammenspiel von rechtlichen Grundlagen (z. B. Beamtenrecht, Haushaltsrecht, Strafrecht, Verwaltungsvorschriften), Behördenaufbau und -organisation (z. B. über Geschäftsordnungen, Geschäftsverteilungspläne, Einrichtung von Funktionstrennungen, Vier-Augen-Prinzip) sowie zusätzlicher Überwachung von Prozessen und Kontrollen (z. B. über interne Revisionsstellen und andere unabhängige Prüfstellen). Dieser systembasierte Ansatz wurde im vorliegenden fünften deutschen EITI Bericht fortgeführt.
Mit der Analyse der Prozesse und Kontrollen, die auf Seiten der staatlichen Stellen eingerichtet sind, wird deshalb notwendigerweise auch das weitere behördliche Umfeld dieser staatlichen Stellen und der relevante rechtliche Rahmen in die Betrachtung einbezogen. In Unterkapitel cc wird der Behördenaufbau näher betrachtet. Eine umfassende Darstellung findet sich in der Broschüre „Die Steuerverwaltung in Deutschland“, Ausgabe 2018 (bundesfinanzministerium.de). Im Annex c finden sich zudem für die Körperschaftsteuer und die Feldes- und Förderabgaben schematische Übersichtsdarstellungen der Organisationsstruktur und der für die Untersuchung relevanten Prozesse und Kontrollen.
Der Unabhängige Verwalter hat sich wie zuvor auf Basis von Unterlagen aus dem Kreis der MSG und Gesprächen mit Vertretern/innen der MSG und der zuständigen Behörden ein Bild von den eingerichteten Prozessen und Kontrollen verschafft und diese Erkenntnisse u. a. an den Vorgaben aus dem Rahmenkonzept des US-amerikanischen Committee of Sponsoring Organisations of the Treadway Commission (COSO) gespiegelt. Dieses Rahmenkonzept hat eine weite, internationale Verbreitung gefunden. Seine Grundprinzipien spiegeln sich z. B. in den Standards for Internal Control in the Federal Government des United States Government Accountability Office wider, können also auch auf staatliche Stellen übertragen werden. Zugleich ist dieses Rahmenkonzept unter anderem die methodische Basis für die in 2020 in Deutschland bei gesetzlichen Abschlussprüfungen regelmäßig angewendeten Prüfungsstandard 261 – Feststellung und Beurteilung von Fehlerrisiken und Reaktionen des Abschlussprüfers auf die beurteilten Fehlerrisiken des Institutes der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (IDW).
Zu den Komponenten eines internen Kontrollsystems gehören nach COSO das Kontrollumfeld, Risikobeurteilungen, Kontrollaktivitäten, Information & Kommunikation sowie die Überwachung des internen Kontrollsystems. Diese Komponenten wurden durch den UV auf die einschlägigen Zahlungsströme Körperschaftsteuer und Feldes- und Förderabgaben angewendet.
Darüber hinaus wurden die Erkenntnisse aus den bisherigen Zahlungsabgleichen im Rahmen des ersten und zweiten D-EITI Berichts als eine einzelfallbezogene Bestätigung der Wirksamkeit der eingerichteten Prozesse und Kontrollen in die Analyse und Beurteilung des UV einbezogen. Der systembasierte Ansatz im Rahmen des dritten, vierten und des vorliegenden fünften deutschen EITI Berichts und die bisherigen Erkenntnisse aus den Zahlungsabgleichen ergänzen sich daher und stellen gemeinsam die Basis der Beurteilung des UV dar.
Im Ergebnis hält der UV das im Rahmen des Pilotverfahrens entwickelte Konzept des systembasierten Ansatzes für gut geeignet, um den Anforderungen des EITI Standard nach einer verlässlichen Offenlegung der Zahlungen aus der rohstoffgewinnenden Industrie zu genügen und insofern als alternatives Verfahren gegenüber der ursprünglichen Vorgehensweise eines umfänglichen Abgleichs aller wesentlichen Zahlungsströme eines Berichtsjahres im Rahmen von Einzelfallprüfungen in Betracht gezogen zu werden. Der UV hat auf Basis der ihm zugänglichen Informationsquellen sowie den von Mitgliedern der MSG erteilen Auskünfte keine Hinweise auf Schwächen relevanter Kontrollen zur Sicherstellung der Ordnungsmäßigkeit der Zahlungsströme
erlangt. Die durch den UV in der Folge durchgeführten Arbeiten zur Plausibilisierung der Datenmeldungen der teilnehmenden Unternehmen münden in der Einschätzung, dass die MSG die nach Anforderung 4.9 des EITI Standard geforderte Qualitätssicherung auf Basis des Pilotverfahrens abschließen kann.
Die bisherigen Arbeiten des Unabhängigen Verwalters im Rahmen des Piloten zum Zahlungsabgleich wurden u.a. in einem umfassenden Arbeitsbericht festgehalten . Inhaltlich lag der Schwerpunkt des Pilotverfahrens bisher auf den Zahlungsströmen Körperschaftssteuer sowie Feldes- und Förderabgaben.
Hinsichtlich der Gewerbesteuerzahlungen ist zu beachten, dass die vorgelagerten Prozesse zur Veranlagung der Gewerbesteuer wie dargestellt ganz überwiegend in der Verantwortung der Finanzämter stattfinden und sich damit die Erkenntnisse aus der Analyse des Zahlungsstroms Körperschaftsteuer insoweit auf die Veranlagung der Gewerbesteuer übertragen lassen. Der durch die Finanzämter veranlasste Gewerbesteuermessbescheid ist sog. Grundlagenbescheid für die nachfolgende Ermittlung der konkreten Höhe der Gewerbesteuer durch die jeweilige Kommune. Die Kommunen ermitteln die Höhe der Gewerbesteuerschuld durch Anwendung eines individuellen Hebesatzes auf den Gewerbesteuermessbetrag. Die Höhe der Gewerbesteuer kann also von Kommune zu Kommune unterschiedlich hoch sein in Abhängigkeit von der Höhe des Hebesatzes, den die Volksvertreter in den jeweiligen Städten und Gemeinden im parlamentarischen Verfahren beschlossen haben. Eine Übersicht der Gewerbesteuerhebesätze deutscher Städte und Gemeinden für das Berichtsjahr 2020 findet sich u.a. auf der Website des DIHK.
Die Erhebung der Gewerbesteuer findet regelmäßig vollständig in der Verantwortung der jeweiligen Gemeinde statt. Grundlage ist das grundgesetzlich geschützte Recht der kommunalen Selbstverwaltung der weit über 10.000 Gemeinden in Deutschland.
Zuge der 1970 durch das Gemeindefinanzreformgesetz eingeführten Gewerbesteuerumlage ist ein Teil des Gewerbesteueraufkommens von den Gemeinden an Bund und Länder abzuführen, was zu einer Minderung der Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinden führt. Im Gegenzug wurde den Gemeinden für diese Einnahmeausfälle ein Anteil am Einkommensteueraufkommen zugesprochen. Bedingt durch die Einführung der Gewerbesteuerumlage wird entsprechend eine Unterscheidung zwischen den Gewerbesteuereinnahmen (brutto) und den Gewerbesteuereinnahmen (netto) vorgenommen. Unter den Gewerbesteuereinnahmen (brutto) versteht man das gesamte Gewerbesteueraufkommen der betrachteten Gemeinden vor Abzug der Umlage. Der nach Abzug der Umlage bei den Gemeinden verbleibende Anteil des Gewerbesteueraufkommens wird als Gewerbesteuereinnahmen (netto) bezeichnet.
Über die jeweilige Gemeindeordnung als grundlegender Bestandteil des Kommunalverfassungsrechts ist ein inhaltlich vergleichbarer Rechtsrahmen der Organisation der kommunalen Gebietskörperschaften sichergestellt. Die Gemeindeordnungen stellen die Arbeitsgrundlage aller in der Kommunalverwaltung und der Kommunalpolitik tätigen Personen dar und enthalten u.a. grundsätzliche Vorgaben für die Organisation der Finanzbuchhaltungen und die Zahlungsabwicklung der Gemeinden (vgl. beispielhaft § 93 Gemeindeordnung NRW oder § 126 Niedersächsisches Kommunalverfassungsgesetz).
Aufbauend auf diesem Verständnis der MSG und des UV wurde im Rahmen dieses fünften D-EITI-Berichts mit Unterstützung des Deutschen Städte- und Gemeindebundes eine Befragung unter den 20 Kommunen durchgeführt, die über die Datenmeldungen der an D-EITI teilnehmenden Unternehmen als größte Empfänger von Gewerbesteuerzahlungen identifiziert wurden. Die Befragung diente wie bereits ausgeführt u.a. der Erlangung eines besseren Verständnisses für die Ausgestaltung der Prozesse und Kontrollen im Bereich der Gewerbesteuer in den für die Rohstoffwirtschaft relevanten Kommunen. Die Rücklaufquote der befragten Kommunen lag zum Zeitpunkt der Erstellung des vorliegenden D-EITI-Berichts bei 65 %.
Aufgrund der unterschiedlichen Größenordnungen wurden die befragten Kommunen durch den UV in drei Kategorien – kleine Gemeinden, mittelgroße Gemeinden sowie große Gemeinden – unterteilt. Unter Gewichtung der Rücklaufquote mit den für den fünften D-EITI Bericht gemeldeten Gewerbesteuerzahlungen der teilnehmenden Unternehmen ergab sich für die kleinen Gemeinden eine Rücklaufquote von 81 %, für die mittelgroßen Gemeinden von 48 % sowie von 76 % für die großen Gemeinden. Aus Sicht der empfangenden Gemeinden stellt sich dabei die Bedeutung der geleisteten Gewerbesteuerzahlungen der an D—EITI teilnehmenden Unternehmen abhängig von der jeweiligen Größe der Gemeinde deutlich unterschiedlich dar. Die Gewerbesteuereinnahmen je Einwohner machen im Minimum lediglich einen Wert von 0,70 EUR je Einwohner aus, im Maximum dagegen 304,70 EUR je Einwohner. Der Median der gemeldeten Gewerbesteuerzahlungen je Einwohner aller empfangenden Kommunen beläuft sich auf 33,60 EUR. Die Daten aus den Rückmeldungen der befragten Kommunen zeigen für das Minimum sowie das Maximum gleiche Werte und einen Median von 31,00 Euro/Einwohner. Vor diesem Hintergrund beurteilt der UV die Antworten als angemessen, um hieraus verallgemeinernde Aussagen zu den Prozessen zur Sicherung der Zahlungsströme auf Seiten der Gemeindeverwaltungen abzuleiten.
Aus den Rückmeldungen der Gemeinden leitet sich ab, dass die Gewerbesteuerbescheide grundsätzlich vom für Finanzen der Gemeinde zuständigen Amt bzw. Fachbereich erlassen werden, während die Vereinnahmung der Zahlungen durch die Kassenstelle erfolgt. Die Erfassung der Einzahlungen und der Abgleich mit den jeweils gegenüber den Unternehmen bestehenden Forderungen erfolgt überwiegend automatisiert, wobei bei Abweichungen zwischen Zahlungen und Forderungen bzw. unvollständigen oder fehlerhaften Angaben manuell nachgepflegt werden müssen. Die Anzahl der für den Erlass der Gewerbesteuerbescheide sowie die Vereinnahmung der Zahlungen tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den jeweiligen Gemeinden variiert deutlich mit der Größe der jeweiligen Kommune. Die Anzahl der Mitarbeiter im Bereich der Kassenstelle liegt dabei unabhängig von der Größe der jeweiligen Gemeinde stets über der für den Erlass der Gewerbesteuer zuständigen Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Hier wirkt sich die bereits dargestellte enge Verzahnung der Veranlagungsprozesse über den Erlass von Grundlagenbescheiden durch die Finanzämter unmittelbar auf die Gestaltung der Prozesse in den Gemeinden aus.
In allen Fällen ist dabei die personelle Trennung der beiden Verwaltungsschritte Veranlagung und Erhebung gewährleistet; das Grundprinzip der Funktionstrennung ist somit unabhängig von der Größe der Gemeinde immer gewährleistet. Unklare Zahlungen werden grundsätzlich durch die Kassenstelle geklärt. In Einzelfällen ist eine Abstimmung mit der der für den Erlass des Gewerbesteuerbescheids zuständigen Stelle erforderlich.
Mit einer Ausnahme bestehen in allen Gemeinen schriftlich fixierte Regelungen zur Sicherstellung der zeitgerechten Durchsetzung der Gewerbesteuerforderungen durch die Kommune. Zuständig für die Umsetzung dieser Regelungen ist grundsätzlich die Kassenstelle. Im Rahmen der Besteuerung kann es ausnahmsweise zu sogenannten Billigkeitsmaßnahmen kommen. Hierunter versteht man sowohl die zeitliche Stundung von Zahlungen wie auch den endgültigen Erlass von Gewerbesteuerforderungen unter Beachtung der jeweiligen Vorschriften zu diesen Billigkeitsmaßnahmen. Grundsätzlich wird innerhalb der Verwaltung der Gemeinde hierüber entschieden; nur in einzelnen Fällen folgt die Gemeinde den entsprechenden Entscheidungen der Finanzverwaltung für die Körperschaftsteuer. Die jeweiligen Entscheidungsprozesse hierüber liegen außerhalb der Kassenstelle und erfordern in Abhängigkeit von der Bedeutung der jeweiligen Billigkeitsmaßnahme für den jeweiligen Haushalt die Einbindung übergeordneter Entscheidungsträger bis hin zum Bürgermeister bzw. Haupt- oder Verwaltungsausschuss (einem ständigen, repräsentative besetzen Ausschuss des Gemeindeparlaments bzw. Gemeinderats).
Die Finanzkontrolle bei Bund und Ländern durch die institutionelle Garantie der Rechnungshöfe findet ihre Entsprechung auf kommunaler Ebene durch ein zweistufiges Kontrollsystem aus örtlicher und überörtlicher Prüfung. Im Rahmen des verfassungsrechtlich garantierten Selbstverwaltungsrechts der Gemeinden übernimmt die örtliche Rechnungsprüfung – basierend auf der demokratischen Legitimation des Rates – die Kontrolle des Finanzgebarens der durch die Bürgermeister geführten Verwaltungen. Die örtliche Prüfung wird von einer gemeindeeigenen Stelle als eine Art innerbehördliche Selbstkontrolle ausgeführt, so dass aufgrund der organisatorischen Eingliederung in die Gemeindeverwaltungen zwangsläufig gewisse Abhängigkeiten in dienstrechtlicher Hinsicht bestehen. Die örtliche Rechnungsprüfung basiert dabei auf Vorschriften der jeweiligen Gemeindeordnung und die Aufgaben werden abhängig von den einschlägigen kommunalen Regelungen von im Einzelfall unterschiedlichen Personen/Stellen übernommen (vgl. beispielhaft §§ 102-104 GO NRW):
Die überörtliche Rechnungsprüfung wird von einer staatlichen oder verbandsmäßigen Prüfungsstelle durchgeführt und stellt eine gegenüber den zu prüfenden Kommunen unabhängige, übergemeindliche staatliche Fremdprüfung dar. Die Durchführung obliegt eigenen Gemeindeprüfungsanstalten (z.B. gpa NRW) oder den Rechnungshöfen der Bundesländer bzw. Rechnungsprüfungsämtern auf Ebene von Landkreisen.
Bei allen befragten Gemeinden finden örtliche bzw. überörtliche Prüfungen der Kassenführung bzw. Zahlungsabwicklung durch das Rechnungsprüfungsamt bzw. Gemeindeprüfungsanstalten oder Landesrechnungshöfe statt. Der überwiegende Teil der Gemeinden berichtete, dass die letzten Prüfungen im Jahr 2022 bzw. 2021 erfolgten. Es erfolgt jeweils eine schriftliche Berichterstattung der prüfenden Stellen. Eine durchgängige öffentliche Verfügbarkeit dieser Prüfungsberichte ist jedoch nicht gegeben, sondern die Prüfberichte sind beispielsweise lediglich innerhalb der jeweiligen Verwaltung verfügbar bzw. werden einem Ausschuss des Gemeindeparlaments bzw. Gemeinderats zur Kenntnis gebracht.
Die aktuellen Hebesätze der Gewerbesteuer lagen für die befragten Gemeinden zwischen 320 % und 510 % bei einem Medianwert von 420 %. Laut DIHK lag der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz für 2020 für Gemeinden ab 20.000 Einwohnern bei 435 %. In diesem Zusammenhang wurde gefragt, in welchem Kalenderjahr der Hebesatz zur Gewerbesteuer letztmalig durch Beschluss des jeweiligen Gemeindeparlaments bzw. Gemeinderates angepasst wurde. Im längsten Fall ist der Hebesatz seit 1981 unverändert, während die jüngsten Anpassungen für 2023 erfolgten. Der Medianwert aus den erhaltenen Rückmeldungen weist das Jahr 2011 aus.
Im Ergebnis kommt der UV zu der Beurteilung, dass die organisatorischen Prozesse und eingerichteten Strukturen bzw. Kontrollen eine mit den Prozessen und Kontrollen der Zahlungsströme der Körperschaftsteuer und Feldes- und Förderabgaben vergleichbare Güte aufweisen. Somit kann der systembasierte Ansatz zur Qualitätssicherung der Zahlungsströme durch die MSG nach Einschätzung des UV auch für die Zahlungsprozesse im Zusammenhang mit der Gewerbesteuer zur Anwendung kommen. Gleichwohl kann sich die Organisation und inhaltliche Ausgestaltung der Zahlungsprozesse in den Kommunen insbesondere in Abhängigkeit von deren Größe im Detail unterscheiden.
Das Kontrollumfeld umfasst nach COSO grundsätzlich die Einstellung, das Bewusstsein und die Maßnahmen der für die Überwachung Verantwortlichen und der Personen mit Leitungsfunktionen im Hinblick auf das interne Kontrollsystem und dessen Bedeutung innerhalb der jeweiligen staatlichen Stelle. Das Kontrollumfeld prägt die Grundhaltung einer Organisation, indem es das Kontrollbewusstsein der Mitarbeiter/innen – verstanden als Selbstverpflichtung zur Integrität und zum Handeln unter Beachtung ethischer Werte – beeinflusst.
Innerhalb der relevanten staatlichen Stellen wird die jeweilige Aufbauorganisation durch Geschäftsordnungen (z. B. die Geschäftsordnung für die Finanzämter, vgl. Link in Fußnote) Geschäftsverteilungspläne, Stellenbeschreibungen sowie Verwaltungsanweisungen klar geregelt. Während sich aus den verwaltungsinternen Stellenbeschreibungen bzw. Geschäftsverteilungsplänen die Verantwortlichkeiten der/des jeweiligen Stelleninhabers/in innerhalb der zugeordneten Verwaltungsprozesse ergeben, leiten sich aus den Geschäftsordnungen und Verwaltungsanweisungen Überwachungspflichten und Weisungsbefugnisse der jeweiligen Vorgesetzten ab. Innerhalb der Verwaltungsorganisation liegt zum einen ein besonderes Augenmerk auf der stringenten Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips im Rahmen der Verwaltungsprozesse sowie zum anderen auf der organisatorischen Trennung von Veranlagungs- und Erhebungsprozessen, also der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen der relevanten staatlichen Stellen einerseits und der Vereinnahmung fälliger Zahlungen der Zahlungsverpflichteten andererseits.
Daneben wird das Kontrollumfeld der relevanten staatlichen Stellen maßgeblich durch das deutsche Beamtenrecht und das parlamentarische Haushaltsrecht und die damit verbundenen Kontrollprozesse geprägt.
Das Beamtenrecht ist ein eigenes Rechtsgebiet, welches die besonderen Rechte und Pflichten der Beamten/innen regelt. Der Pflicht zur Neutralität bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten, dem Ausschluss des Streikrechts sowie dem Gebot der Verfassungstreue stehen das Recht auf lebenslange Beschäftigung bei angemessener Besoldung und Versorgung gegenüber. Ferner gilt innerhalb der relevanten staatlichen Stellen der allgemeine Grundsatz, dass die Auswahl von Beamten/innen zur Besetzung offener Dienstposten ausschließlich nach ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu erfolgen hat. Aus diesen Grundsätzen des Berufsbeamtentums leiten sich Pflichten der Beamten/innen wie etwa die Treuepflicht, die Gehorsamspflicht sowie die Dienstleistungspflicht ab.
Verstöße von Beamten/innen gegen die sich aus dem jeweiligen Dienstverhältnis ergebenden Pflichten unterliegen dem Disziplinarrecht, einem Teilgebiet des Beamtenrechts, das regelt, wie bei möglichen Pflichtverletzungen zu verfahren ist und welche Folgen sich bei festgestellter Schuld für die jeweilige Beamtin bzw. den jeweiligen Beamten ergeben können. Neben Pflichtverletzungen im fachlichen Zuständigkeitsbereich können sich auch aus dem Verhalten außerhalb der relevanten staatlichen Stelle Pflichtverletzungen ergeben, soweit diese geeignet sind, das Vertrauen der Bürger/innen in einer für die jeweils relevante staatlichen Stelle oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
Aus ihrer besonderen rechtlichen Stellung ergibt sich die Verpflichtung der/des Beamten/in zu integrem Verhalten, insbesondere der Einhaltung bzw. Umsetzung rechtlicher Vorschriften, sowie das Handeln unter Beachtung der sich aus dem Beamtenrecht ableitenden ethischen Werte, einschließlich der Gesetzes- bzw. Verfassungstreue. Hierzu gehört auch die explizite Entbindung von der ansonsten bestehenden Verschwiegenheitspflicht nach § 37 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BeamtStG, sofern eine Beamtin bzw. ein Beamter einen durch Tatsachen begründeten Verdacht einer Korruptionsstraftat nach den §§ 331 bis 337 des Strafgesetzbuches gegenüber der zuständigen obersten Dienstbehörde anzeigt.
Ferner wird das relevante Kontrollumfeld maßgeblich durch das geltende Haushaltsrecht und das dabei bestehende Primat des Parlaments geprägt. Über die Beschlussfassung des Parlaments zum Haushaltsgesetz wird der jeweilige Haushaltsplan festgestellt und erfährt damit seine demokratische Legitimation. Zugleich ist über das Haushaltsgesetz die Exekutive ermächtigt wie auch zugleich verpflichtet, den so legitimierten Haushaltsplan im jeweiligen Haushaltsjahr umzusetzen. Je nach Bedeutung der Einnahmen für den (Landes-)Haushalt werden die für D-EITI relevanten Zahlungsströme auch gesondert in der Haushaltsplanung bzw. im Haushaltsgesetz ausgewiesen. Nach Ende des Haushaltsjahres legt die Exekutive dem Parlament gegenüber über die „Haushaltsrechnung“ Rechenschaft ab. Die Haushaltsrechnung unterliegt dabei auch der Kontrolle durch den jeweiligen Rechnungshof, der dem Parlament über die Ergebnisse seiner Prüfung berichtet.
Ein Beispiel für das Primat des Parlaments ist die Befassung des Niedersächsischen Landtags mit der am 12. Januar 2021 vorgeschlagenen Änderung der Niedersächsischen Verordnung über die Feldes- und die Förderabgabe sowie einer damit im Zusammenhang stehenden Vergleichsvereinbarung zwischen dem Land Niedersachen und verschiedenen Erdöl- sowie Erdgasförderunternehmen (Niedersächsischer Landtag – 18. Wahlperiode, Drucksache 18/8286). Hintergrund war der geplante Abschluss individueller Vergleichsvereinbarungen zwischen dem Land Niedersachsen und besagten Unternehmen zur Beilegung einer unterschiedlichen Rechtsauffassung, die auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus Dezember 2018 (BVerwG 7 BN 3.18) zurückgeht. Die nach Beurteilung der Landesregierung im Sinne des § 58 Abs. 1 Nr. 2 Landeshaushaltsordnung (LHO) zweckmäßige und wirtschaftliche Einigung sowie die Änderung der Niedersächsischen Verordnung über die Feldes- und die Förderabgabe bedurften gemäß § 40 Abs. 2 LHO aufgrund ihrer grundsätzlichen bzw. erheblichen finanziellen Bedeutung sowie ihrer unmittelbaren Rechtswirkung für Dritte der Zustimmung des Landtags. Rückwirkend wurde für das Haushaltsjahr 2020 eine Befreiung von der Förderabgabe sowie eine Änderung der Niedersächsischen Verordnung über die Feldes- und die Förderabgabe mit einer neuen Festlegung der Abgabesätze bis 2030 vereinbart. Dem Niedersächsischen Landtag wurde dabei angezeigt, dass von den im Haushaltsjahr 2020 vereinnahmten Förderabgaben in Höhe von Euro 52 Mio. im Kalenderjahr 2021 rund Euro 30,3 Mio. oder 58,3 % zurückerstattet würden. Nach Unterrichtung der Parlamentsausschüsse „Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung“ sowie „Haushalt und Finanzen“ durch die Landesregierung haben diese dem Landtag empfohlen, den Antrag der Landesregierung unverändert anzunehmen. Der Landtag hat diesem Antrag in seiner 96. Sitzung am 27. Januar 2021 zugestimmt.
Da sich die Qualitätssicherung im Rahmen dieses fünften D-EITI Berichts auf die tatsächlichen Zahlungen im Berichtsjahr 2020 bezieht, ist es zum einen plausibel, dass die von den teilnehmenden Unternehmen für das Berichtsjahr 2020 gemeldeten Zahlungsströme tatsächlich in der dem Landtag seitens der Landesregierung gemeldeten Höhe zugeflossen sind. Zum anderen leiten sich für die MSG hieraus Anhaltspunkte für die Qualitätssicherung im kommenden, sechsten D-EITI Bericht ab, da für den anstehenden Berichtszeitraum 2021 neben Zahlungsströmen der Unternehmen an die zuständigen staatlichen Stellen auch wesentliche Rückzahlungen der staatlichen Stellen an die Unternehmen zu erwarten sind.
Unter dem Risikobeurteilungsprozess versteht man die Identifikation und Beurteilung von Risiken im Hinblick auf die Erreichung der Ziele der jeweiligen Prozesse. Auf Ebene der relevanten staatlichen Stellen ist zwischen Risiken im Veranlagungsprozess und Risiken im Erhebungsprozess zu unterscheiden.
Die Feldes- und Förderabgaben basieren auf einer Selbstveranlagung durch die jeweils Verpflichteten, also die fördernden Einheiten bzw. die jeweils Abgabepflichtigen. Auf Basis der einschlägigen gesetzlichen Regelungen wird dabei die Höhe der Zahllast zunächst durch die/den Verpflichtete/n selbst ermittelt und der jeweiligen staatlichen Stelle mitgeteilt.
Mit dem Verfahren der Selbstveranlagung können auf Seiten der/des Verpflichteten Fehlerrisiken verbunden sein, deren Spektrum sich von einem Schreib- bzw. Eingabefehler bei der Erfassung der Daten in der Selbstveranlagung über eine unabsichtliche fehlerhafte Auslegung einschlägiger rechtlicher Regelungen bis hin zu einer vorsätzlichen Missachtung gesetzlicher Vorschriften reichen kann. Dementsprechend stehen den relevanten staatlichen Stellen jeweils umfangreiche Prüfungsrechte zu, um sich von der Ordnungsmäßigkeit und Vollständigkeit der von den Verpflichteten erstellten und übermittelten Angaben zu überzeugen.
Dagegen erfolgt in Bezug auf die Ertragsteuern (Körperschaftsteuer/Gewerbesteuer) keine Selbstveranlagung. Die steuerpflichtigen Unternehmen unterliegen einer gesetzlichen Verpflichtung zur Abgabe von Ertragsteuererklärungen, die infolge der Abschnittsbesteuerung grundsätzlich jährlich einzureichen sind. Im Anschluss prüft die sachlich und örtlich zuständige Finanzbehörde die Angaben. Nach amtsseitiger Freigabe der eingereichten Ertragsteuererklärungen werden Ertragsteuerbescheide und damit die Höhe der Zahllast an die Unternehmen bekanntgegeben. Zeitlich nachgelagert kann eine Überprüfung der Steuererklärungen im Zuge von Betriebsprüfungen erfolgen, vgl. hierzu Abschnitt cc.
Das Ergebnis des Veranlagungsprozesses bildet die Basis für den Erhebungsprozess, also den eigentlichen Zahlungsstrom, der im ursprünglichen Verfahren der Qualitätssicherung (Zahlungsabgleich) im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung beurteilt wurde. Insoweit erstrecken sich die Anforderungen des EITI-Standards nicht auf den Veranlagungsprozess.
Von den Risiken im Veranlagungsprozess zu unterscheiden sind Risiken im Zusammenhang mit der Vereinnahmung der Zahlungen, also im Erhebungsprozess. Diese könnten sich u. a. aus einer Kompetenzbündelung von Bediensteten ergeben, die sowohl Bestandteil des Veranlagungs- als auch des Erhebungsprozesses wären. Dem Risiko wird sowohl organisatorisch begegnet durch eine strikte Funktionstrennung innerhalb der relevanten staatlichen Stelle zwischen den für die Veranlagung und den für die Erhebung Verantwortlichen als auch aufgrund der Tatsache, dass die jeweils Verpflichteten ihrer Zahlungsverpflichtung nur unbar, d. h. mittels Überweisung, nachkommen können – eine Barzahlung ist ausgeschlossen. Durch die Funktionstrennung wird sichergestellt,
Etwaige Abweichungen zwischen der veranlagten Zahllast (Sollstellung) und dem tatsächlichen Zahlungseingang (Ist-Eingang) werden durch die jeweilige Erhebungsstelle geklärt.
Bei der Körperschaftsteuer werden zu niedrige Zahlungen entsprechend der gesetzlichen Vorschriften automatisch angemahnt bzw. im Rahmen der geltenden Rechtsvorschriften durch die Vollstreckungsstelle (als gesonderter Teil der Erhebungsstelle) beigetrieben. Zu hohe Zahlungen werden von der Erhebungsstelle zunächst verwahrt (Verwahrkonto) und mit möglichen anderen offenen Forderungen an den Steuerpflichtigen aus anderen Steuerarten oder anderen Zeiträumen verrechnet. Erst ein hiernach verbleibender Differenzbetrag wird an den Steuerpflichtigen erstattet.
Bei den Feldes- und Förderabgaben sind im Erhebungsprozess vergleichbare Prozesse etabliert, wobei aufgrund des deutlich kleineren Kreises von abgabepflichtigen Unternehmen keine automatisierten Mahnungen erfolgen, sondern dies durch die Sachbearbeitung einzelfallbezogen gehandhabt wird. Für die Gewerbesteuer ist die konkrete Ausgestaltung der Prozesse abhängig von der jeweiligen Kommune, wobei die Anzahl der in den Prozessen tätigen Mitarbeiter mit der Größe der jeweiligen Kommune variiert. Die Zuständigkeit der Klärung von Abweichungen zwischen Zahllast und Zahlungseingängen liegt grundsätzlich bei den zuständigen Kassenstellen bzw. den Steuerämtern.
Unter der Komponente „Information und Kommunikation“ eines internen Kontrollsystems sind Verfahren und Maßnahmen zu verstehen, mittels derer die jeweilige staatliche Stelle die relevanten (Zahlungs-)Informationen in geeigneter und zeitgerechter Form generiert bzw. einholt, aufbereitet und an die zuständigen Stellen in der internen Organisation weiterleitet. Im Folgenden werden diese Verfahren und Maßnahmen sowohl für den Veranlagungs- als auch den Erhebungsprozess dargestellt.
Körperschaftsteuererklärungen werden regelmäßig mittels einer programmseitigen Schnittstelle elektronisch an das sachliche zuständige Festsetzungsfinanzamt übermittelt. Die Zuständigkeit des Festsetzungsfinanzamtes richtet sich nach dem Bezirk, in dem sich der Ort der Geschäftsleitung bzw. der Sitz des Unternehmens befindet.
Die Organisation eines Finanzamts als Ganzes und die Rechte und Pflichten der einzelnen Arbeitsbereiche werden durch die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder für eine Geschäftsordnung für die Finanzämter (sog. FAGO) festgelegt. Die FAGO regelt die Grundsätze der Organisation bei den Finanzämtern im Anschluss an das Gesetz über die Finanzverwaltung (FVG) und ist der interessierten Öffentlichkeit zugänglich.
In den meisten Fällen obliegt der zuständigen Sachbearbeitung der Veranlagungsstelle nicht nur die Prüfung der Angaben in der Körperschaftsteuererklärung, sondern auch die abschließende Zeichnung von Körperschaftsteuerbescheiden. Bei Unternehmen, die entweder bestimmte Betriebsgrößen (z. B. jährlicher Umsatz, jährlicher Gewinn) übersteigen oder als rechtlich komplexe Fälle systemseitig oder manuell eingestuft werden, erfolgt eine abschließende Zeichnung des Körperschaftsteuerbescheides durch die für die Veranlagungsstelle zuständige Sachgebietsleitung oder einer im gleichen Festsetzungsfinanzamt angesiedelten Qualitätssicherungsstelle. Der Körperschaftsteuerbescheid wird auf elektronischem Wege freigegeben. Sofern ein Zeichnungsvorbehalt vorliegt, kann die Sachbearbeitung den Fall nicht eigenmächtig elektronisch freigeben. Dies obliegt regelmäßig der abschließend zeichnenden Sachgebietsleitung.
Um sicherzustellen, dass Steuern korrekt abgeführt werden, können Unternehmen über die Prüfung der Körperschaftsteuererklärung hinaus zusätzlich einer Betriebsprüfung unterzogen werden. Für solche Betriebsprüfungen, die vor Ort in den jeweils betroffenen Unternehmen stattfinden, ist ein von der Veranlagungsstelle personell sowie organisatorisch getrenntes Sachgebiet zuständig. Betriebsprüfungen werden je nach Betriebsgröße durch Zufallsauswahl, anlassbezogen aufgrund eines Vorschlags durch die Veranlagungsstelle oder lückenlos (sog. Anschlussprüfung) durchgeführt.
Die Betriebsprüfungsstelle ist damit im Ergebnis der „verlängerte Arm“ der Veranlagungsstelle für die Prüfung der Unternehmen vor Ort. Durch die Einbeziehung der Prüfer/innen und deren Sachgebietsleiter/innen (der nicht identisch ist mit dem/der Sachgebietsleiter/in der Veranlagungsstelle) verdeutlicht sich das „Mehr-Augen-Prinzip“ im Bereich des Festsetzungsverfahrens.
Sobald die Freigabe eines Körperschaftsteuerbescheides durch die Veranlagungsstelle erteilt wurde, wird amtsseitig die Zahllast bzw. der Erstattungsanspruch aus dem Körperschaftsteuerbescheid in der zuständigen Erhebungsstelle im Wege des elektronischen Datenaustausches zum Soll gestellt. Erst infolge dieser Freigabe wird die Erhebungsstelle in den Gesamtprozess einbezogen. Aufgrund der Zentralisierung der Finanzkassen sind mittlerweile Veranlagungsbereich und Zahlungsbereich oftmals nicht nur innerhalb eines Finanzamts getrennt, sondern der Zahlungsbereich ist ausgegliedert an sogenannte zahlungsabwickelnde Stellen. Diese können je nachdem, ob die Landesfinanzverwaltungen durch einen zwei-/dreistufigen Behördenaufbau gekennzeichnet sind, entweder der Oberfinanzdirektion oder dem Landesfinanzministerium zugeordnet sein. Dies führt dazu, dass sich die Sachbearbeiter/innen aus beiden Bereichen in der Regel persönlich nicht näher kennen.
Wie bereits erwähnt findet die Veranlagung der Gewerbesteuer ganz überwiegend in der Verantwortung der Finanzämter statt. Damit lassen sich die Erkenntnisse aus der Analyse des Zahlungsstroms Körperschaftsteuer insoweit auf die Veranlagung der Gewerbesteuer übertragen. Die Kommunen sind hinsichtlich der Gewerbesteuer berechtigt, durch Gemeindebedienstete an Außenprüfungen teilzunehmen, die durch die Landesfinanzbehörden durchgeführt werden. Das Teilnahmerecht stellt dabei keinen nach außen wirkenden, gegen den Steuerpflichtigen gerichteten Anspruch dar, sondern ist vielmehr als eine interne Befugnis im Verhältnis der Gemeinde zur staatlichen Finanzverwaltung zu verstehen. Wenn die Gemeinde das ihr eingeräumte Teilnahmerecht, welches zu ihrem verfassungsrechtlich geschützten Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG) gehört, einfordern möchte, kann sie dies gegenüber der Finanzverwaltung geltend machen.
Die Berechnung, Festsetzung und Erhebung der Feldes- und Förderabgabe richtet sich grundsätzlich nach dem Bundesberggesetz (BBergG) und den Förderabgabeverordnungen der jeweiligen Bundesländer (Vgl. Kapitel 4 b ii) in Verbindung mit einschlägigen Vorschriften der Abgabenordnung (AO). Soweit Bergbauberechtigungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des aktuellen Bundesberggesetzes von 1982 stammen („alte Rechte“) fallen für diese keine Feldes- und Förderabgaben an (vgl. hierzu die Ausführungen unter Kapitel 3, Abschnitt b.).
In Deutschland ist das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) mit Hauptsitz in Hannover für den weitaus größten Anteil des Aufkommens an Feldes- und Förderabgaben zuständig (rund 96 % für das Berichtsjahr 2020) und wurde daher für die Analyse der Prozesse und Kontrollen herangezogen. Das LBEG unterliegt der Aufsicht des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung.
Die für die Festsetzung der Feldes- und Förderabgabe zuständigen Referate des LBEG sind auch vor dem Hintergrund der überschaubaren Anzahl an abgabepflichtigen Unternehmen und dem Verfahren der Selbstveranlagung hinsichtlich ihrer personellen Ausstattung und ihrer organisatorischen Ausgestaltung nicht mit den Verhältnissen in einem Festsetzungsfinanzamt vergleichbar. Für die Festsetzung der Feldes- und Förderabgaben der Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen sind derzeit im LBEG ein Sachbearbeiter vollständig sowie eine weitere Sachbearbeiterin anteilig zuständig, zudem zwei Außenprüfer/innen und ein/e Referatsleiter/in.
Gleichwohl stellen die getroffenen organisatorischen Vorkehrungen analog zur Körperschaftsteuer eine strikte Trennung zwischen Sachbearbeitung (Veranlagung/Sollstellung) und Zahlungsabwicklung sicher. Zuständig für die technische Abwicklung der Zahlungsströme ist für das Land Niedersachsen die Landeshauptkasse Niedersachsen als Organisationseinheit des Niedersächsischen Finanzministeriums unter Nutzung des Haushaltsvollzugssystems als Bestandteil des Haushaltswirtschaftssystems. Die Landeshauptkasse ist nicht für die inhaltliche Klärung von Sachverhalten im Zusammenhang mit der Feldes- und Förderabgabe verantwortlich und dementsprechend nicht daran beteiligt.
Die abgabepflichtigen Unternehmen erfassen die für die Förderabgabe notwendigen Daten im Rahmen einer Selbstveranlagung über ein Web-Client-System (VAS = Veranlagungssystem Feldes- und Förderabgabe). In VAS werden sämtliche abrechnungsrelevanten Stammdaten je Unternehmen verwaltet (z. B. Vergünstigungstatbestände) und aus den Eingaben der Unternehmen die Höhe der Förderabgabe systemgestützt berechnet. Für die Feldesabgabe erfolgt keine Nutzung von VAS, sondern die Festsetzung erfolgt über das elektronische Aktensystem des LBEG. Die Sachbearbeitung am Dienstsitz in Clausthal-Zellerfeld trägt die fachliche Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Festsetzung der Feldes- und Förderabgaben („Sollstellung“). Das Mehr-Augen-Prinzip wird durch die Mitzeichnung der Referatsleitung sichergestellt. Die Sachbearbeitung erteilt die Abgabenbescheide gegenüber den Unternehmen und erstellt Kassenanordnungen, die zur Prüfung und Freigabe an den Hauptsitz des LBEG in Hannover mittels des elektronischen Aktensystems übermittelt werden.
Hier erfolgt nach Prüfung und Freigabe die Verbuchung der Kassenanordnungen im Haushaltsvollzugssystem und die Klärung von Differenzen zwischen Zahlungseingängen und Sollstellungen.
Entsprechend dem Charakter der Selbstveranlagung stellt die Überprüfung der Angaben der Unternehmen im Rahmen von Außenprüfungen ein zentrales Element des Prozesses der Festsetzung der Abgaben durch das LBEG dar. Auskunftsgemäß erfolgt die Außenprüfung aufgrund der Personalsituation nicht lückenlos, sondern mittels Bildung von Prüfungsschwerpunkten.
Unter der Überwachung von Kontrollen durch die (Verwaltungs-)Einheit sind die organisatorischen und prozessualen Maßnahmen zu verstehen, mit denen die Wirksamkeit des internen Kontrollsystems im Zeitablauf beurteilt wird. Es muss sichergestellt werden, dass die Kontrollen zu jeder Zeit bestehen und tatsächlich durchgeführt werden. Sowohl für die Körperschaftsteuer als auch für die Feldes- und Förderabgabe wird die Umsetzung der Überwachungsfunktion u. a. über interne Revisionseinheiten sichergestellt. Für die Gewerbesteuer erfolgt die Umsetzung dieser Überwachungsfunktion über die Prozesse der örtlichen Rechnungsprüfung (vgl. nachfolgender Abschnitt ee.).
Die Prüfungsplanung der Internen Revisionen basiert auf einem systematischen und zielgerichteten Ansatz zur Bestimmung von Risikofaktoren, bei dem der Umfang möglicher negativer Auswirkungen des Verwaltungshandelns und deren Eintrittswahrscheinlichkeit eine Rolle spielen können. Die Prüfungsergebnisse der Internen Revisionen sind an die geprüfte Stelle selbst und an die jeweilige Leitungsebene adressiert. Das Informationsfreiheitsgesetz findet zwar nach gegenwärtiger Rechtslage grundsätzlich auch Anwendung auf amtliche Informationen in Unterlagen der Innenrevisionen von Bundes- und Landesbehörden, soweit die Bundesländer dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes entsprechende Vorschriften erlassen haben. Im Einzelfall kann der Informationszugang aber beschränkt werden, da mit einer Veröffentlichung der Prüfberichte insbesondere die Beratungsfunktion der Internen Revision insofern gestört werden könnte, als die Interne Revision ihre Funktion als Ansprechpartner für Beschäftigte von Behörden nicht mehr in vollem Umfang wird erfüllen können, sollte eine spätere Veröffentlichung von Informationen drohen.
Für die Körperschaftsteuer führen die Oberfinanzdirektionen bzw. die Landesfinanzministerien auskunftsgemäß in einem jährlichen Turnus Kontrollen in Form von Geschäftsprüfungen durch. Diese betreffen sowohl den Festsetzungs- als auch den Erhebungsbereich. Im Rahmen dieser Kontrollen werden Fälle zur Prüfung selektiert, die anschließend auf die Ordnungsmäßigkeit ihrer Bearbeitung überprüft werden.
Darüber hinaus ist auf Ebene der Landesfinanzministerien in der Regel eine gesonderte Einheit „Interne Revision“ eingerichtet, die unmittelbar der Leitung der Behörde unterstellt ist. Die Arbeit der Internen Revision basiert z. B. im Bundesland Hessen u. a. auf den „Empfehlungen über Standards für Interne Revisionen in der Hessischen Landesverwaltung“. Diese Standards bilden eine einheitliche und ressortübergreifende Arbeits- und Rechtsgrundlage für die Arbeit der internen Revisionsabteilungen. Sie beruhen auf den Revisionsstandards des Deutschen Instituts für Interne Revision e. V. (DIIR) sowie den „Empfehlungen des Bundesministeriums des Innern für Interne Revisionen“. Die Interne Revision nimmt unabhängige Prüfungs- und Kontrollfunktionen wahr, indem sie das Verwaltungshandeln nach Abweichungen und Unregelmäßigkeiten untersucht und Anregungen für deren Beseitigung und künftige Vermeidung gibt und so die Effizienz und Effektivität des Verwaltungshandelns unterstützt.
Die Interne Revision fertigt über ihre Arbeiten einen Revisionsbericht, der der Behördenleitung der geprüften Organisationseinheit grundsätzlich zur Billigung vorgelegt wird. Die geprüfte Organisationseinheit erhält eine Ausfertigung dieses Berichts. Die Interne Revision legt ihrer Behördenleitung mindestens jährlich einen schriftlichen Bericht über ihre Tätigkeiten vor. Die prüfungsbezogene unterjährige Berichterstattung bleibt davon unberührt.
Das Bundesministerium für Finanzen kann gemäß § 19 FVG über das Bundeszentralamt für Steuern (Bundesbetriebsprüfung) an Außenprüfungen der Landesfinanzbehörden mitwirken. Hiermit wird das Bundesministerium der Finanzen u. a. über steuerliche Entwicklungen in Kenntnis gesetzt, die für gesetzgeberische Maßnahmen oder Verwaltungsregelungen von Bedeutung sein können.
Die Überwachung der für D-EITI relevanten Prozesse im Bereich der Erhebung der Feldes- und Förderabgaben erfolgt über die Interne Revision auf Ebene des Niedersächsischen Landesfinanzministeriums. Die Interne Revision ist u. a. für die Überwachung der Verfahren und Kontrollen innerhalb der Landeshauptkasse Niedersachsen als zahlungsabwickelnde Stelle für die Feldes- und Förderabgabe zuständig.
Darüber hinaus sind Kontrollaktivitäten in Bezug auf die laufende Haushaltsführung auf Ebene der jeweiligen Landeshaushalte von Bedeutung. Die Einzahlungen werden z. B. im Land Niedersachen innerhalb des Haushaltsvollzugssystems dem entsprechenden Haushaltstitel zugeordnet und ermöglichen der für den Haushalt zuständigen Verwaltungseinheit einen Abgleich der im Haushalt geplanten Einnahmen mit den tatsächlichen Einnahmen. Entsprechend der Bedeutung der Feldes- und Förderabgaben für die jeweiligen Haushalte ist auch periodenübergreifend ein Vergleich zwischen den geplanten Einnahmen aus den Feldes- und Förderabgaben mit den späteren Ist-Beträgen möglich, und erlaubt es somit in letzter Konsequenz auch der interessierten Öffentlichkeit über die üblichen Prozesse der politischen Teilhabe eine Kontrollfunktion wahrzunehmen. Nach Erhebung des UV erfolgt aktuell ein gesonderter Ausweis der Feldes- und Förderabgaben in den der interessierten Öffentlichkeit zugänglichen Haushaltsplänen der Bundesländer Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz sowie Bayern.
Die für D-EITI relevanten Verwaltungseinheiten unterliegen der Prüfung durch kommunale Prüfstellen (z. B. Gemeindeprüfungsanstalt NRW), Landesrechnungshöfe bzw. dem Bundesrechnungshof (nachfolgend als Prüfstellen bezeichnet).
Auf Seiten der staatlichen Stellen existieren aufgrund des föderativen Staatsaufbaus in Deutschland sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene eigenständige Rechnungshöfe zur Kontrolle der Haushaltswirtschaft. Die Zuständigkeit des Bundesrechnungshofes beschränkt sich auf das Finanzgebaren des Bundes , es besteht gegenüber den Rechnungshöfen der Länder weder ein Aufsichts- noch ein Weisungsrecht. Die Rechnungshöfe sind selbständige oberste Behörden von Bund und Ländern. Ihre Aufgaben, Stellung und Befugnisse ergeben sich aus dem Grundgesetz (Art. 114 GG) bzw. den Landesverfassungen, die von den Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder konkretisiert werden.
Die Finanzkontrolle bei Bund und Ländern durch die institutionelle Garantie der Rechnungshöfe findet ihre Entsprechung auf kommunaler Ebene durch ein zweistufiges Kontrollsystem aus örtlicher und überörtlicher Prüfung. Die örtliche Rechnungsprüfung übernimmt die Kontrolle des Finanzgebarens der durch die Bürgermeister/innen geführten Verwaltungen. Die örtliche Prüfung wird von einer gemeindeeigenen Stelle als eine Art innerbehördliche Selbstkontrolle ausgeführt, so dass aufgrund der organisatorischen Eingliederung in die Gemeindeverwaltungen zwangsläufig gewisse Abhängigkeiten in dienstrechtlicher Hinsicht bestehen. Die örtliche Rechnungsprüfung basiert dabei auf Vorschriften der jeweiligen Gemeindeordnung und die Aufgaben werden abhängig von den einschlägigen kommunalen Regelungen von im Einzelfall unterschiedlichen Personen/Stellen übernommen (vgl. beispielhaft §§ 102-104 GO NRW).
Die überörtliche Rechnungsprüfung wird von einer staatlichen oder verbandsmäßigen Prüfungsstelle durchgeführt und stellt eine gegenüber den zu prüfenden Kommunen unabhängige, übergemeindliche staatliche Fremdprüfung dar. Die Durchführung obliegt eigenen Gemeindeprüfungsanstalten (z.B. Gemeindeprüfungsanstalt NRW) oder den Rechnungshöfen der Bundesländer bzw. Rechnungsprüfungsämtern auf Ebene von Landkreisen.
Als Prüfungsmaßstab für die Prüfung der staatlichen und der kommunalen Haushalts- und Wirtschaftsführung gelten folgende Grundsätze:
Der Grundsatz der Ordnungsmäßigkeit umfasst dabei u. a. die buchhalterische Korrektheit (vorschriftsmäßige Berechnung, Begründung und Verbuchung) der einzelnen Rechnungsbeträge. Über Inhalt, Umfang und Häufigkeit der Prüfungshandlungen entscheidet der jeweilige Rechnungshof in eigener Verantwortung.
Die Prüfungsergebnisse der Rechnungshöfe werden den betroffenen Stellen in Form von Prüfungsmitteilungen bekannt gemacht. Anderen als den geprüften Stellen kann der Rechnungshof das Prüfungsergebnis mitteilen, soweit er dies aus besonderen Gründen für erforderlich hält. Ausgewählte Prüfungsergebnisse werden gleichwohl in Jahresberichten zusammengefasst, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Bei der Durchsicht der öffentlich zugänglichen Berichte des Bundesrechnungshofs und der Landesrechnungshöfe Hessen und Niedersachsen sowie einzelner überörtlicher Prüfungsstellen für den Berichtszeitraum 2020 wurden seitens des UV keine spezifischen Aussagen zu den fraglichen Zahlungsströmen im Untersuchungszeitraum festgestellt.
Die deutschen Rechnungshöfe unterstützen die Umsetzung internationaler Rechnungsprüfungsstandards (International Standards of Supreme Audit Institutions, ISSAI), die im Rahmen des internationalen Verbands der Rechnungshöfe (INTOSAI) entwickelt wurden.
Seit dem 1. Juli 2016 ist der Präsident des Bundesrechnungshofes für sechs Jahre Mitglied im Rat der Rechnungsprüfer der Vereinten Nationen. In diesem Rahmen ist Deutschland für die Prüfung von neun internationalen Organisationen verantwortlich. Alle Prüfungen werden entsprechend der INTOSAI Standards durchgeführt.
Auch die Landesrechnungshöfe stehen international im Austausch und besprechen sich regelmäßig im Rahmen der Europäischen Organisation der Obersten Rechnungskontrollbehörden (EURORAI) zu aktuellen Standards und angewandten Prüfmethoden. Die Wahrung hoher Prüfstandards sowohl auf nationaler als auch auf sub-nationaler Ebene kann also als gegeben angesehen werden.
Hinweise und Empfehlungen aus
der Durchführung des Zahlungsabgleichs auf Basis des systembasierten Ansatzes
Der EITI-Standard 2019 verlangt eine umfassende
Veröffentlichung aller wesentlichen Zahlungsströme,
die aus dem nationalen Rohstoffsektor an staatlichen
Stellen geleistet werden. Diese Angaben zu Zahlungsströmen haben den Anforderungen von Verlässlichkeit, Verständlichkeit und öffentlicher Verfügbarkeit
zu genügen (vgl. EITI-Anforderungen 4.1 und 4.9). Die
Sicherstellung der Verlässlichkeit der veröffentlichten
Zahlungsströme erfolgte im Rahmen der ersten beiden
deutschen EITI-Berichte u.a. durch das bisherige
„Standardverfahren“ eines unmittelbaren Abgleichs
der durch die teilnehmenden Unternehmen gemeldeten Zahlungsströme mit den Zahlungseingängen auf
Seiten der staatlichen Stellen („Zahlungsabgleich“).
Daraus ergaben sich keine bzw. keine erwähnenswerten Differenzen zwischen geleisteten und empfangenen Zahlungen zwischen Unternehmen und
staatlichen Stellen.
Beginnend mit dem dritten deutschen EITI-Bericht
für den Berichtszeitraum 2018 wurde – abgestimmt
mit dem internationalen EITI-Sekretariat – mit der
Entwicklung eines alternativen Verfahrens der Qualitätssicherung der durch die Rohstoffindustrie gemeldeten Zahlungsströme an staatlichen Stellen begonnen („Pilotverfahren“ bzw. „Pilot“). Diese Arbeiten
sind seit dem vierten deutschen EITI-Berichts durch
die Multi-Stakeholder-Gruppe („MSG“) und den UV
fortgeführt worden und wurden zur Abgrenzung des
bisherigen „Standardverfahrens“ als systembasierter
Ansatz bezeichnet.
Der systembasierte Ansatz ersetzt in systematischer
Hinsicht die aussagebezogene Einzelfallprüfung der
Zahlungsströme der teilnehmenden Unternehmen
durch einen mehrstufigen, systembasierten Ansatz
der Informationsgewinnung und Analyse von für EITI
relevanten Prozessen und Kontrollen, insbesondere
von Seiten der staatlichen Stellen. Ziel ist es, die MSG
in die Lage zu versetzen, eine fundierte Beurteilung
darüber abzugeben, ob für den jeweiligen Berichtszeitraum Risiken einer nicht ordnungsgemäßen
Abwicklung rohstoffbezogener Zahlungsströme an
staatliche Stellen erkennbar sind oder nicht. Abhängig
vom Ergebnis dieser Risikobeurteilung schließt sich in
der Folge das Verfahren an, mit dem die gemeldeten
Zahlungen der teilnehmenden Unternehmen beurteilt
werden. Sollten Risiken identifiziert werden, die auf
eine eingeschränkte Ordnungsmäßigkeit der für EITI
relevanten (Zahlungs-)Prozesse bzw. Kontrollen hindeuten, kommen für die betroffenen Zahlungsströme
zunächst weitere Untersuchungshandlungen und, in
letzter Konsequenz, auch eine Rückkehr zum Zahlungsabgleich in Betracht. Werden demgegenüber
keine entsprechenden Risiken identifiziert, erfolgt die
eigentliche Beurteilung der Zahlungsströme auf Basis
von Plausibilitätsbeurteilungen.
Der Unabhängige Verwalter sieht auf Basis der ihm
durch die MSG zur Verfügung gestellten Informationen und erteilten Auskünfte sowie eigener Recherchen die auf Seiten der staatlichen Stellen eingerichteten Systeme zur ordnungsgemäßen Erhebung der
für D-EITI relevanten Zahlungsströme in Kombination
mit den positiven Ergebnissen aus den bereits durchgeführten Zahlungsabgleichen als geeignet an, um die
verlässliche Offenlegung der relevanten Zahlungsströme sicherzustellen. Das Risiko von Verstößen gegen die Ordnungsmäßigkeit der Zahlungsströme für
die untersuchten Zahlungsströme der Feldes- und
Förderabgaben, Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer konnte aus Sicht des Unabhängigen Verwalters
für den Berichtszeitraum 2020 unverändert als gering
beurteilt werden, so dass die nachfolgende Analyse
der gemeldeten Zahlungen an Feldes- und Förderabgaben und Ertragsteuern auf analytischen Überlegungen beruhte
Mit der Umsetzung des systembasierten Ansatzes
haben sich die Aufgaben der Mitglieder der MSG und
des Unabhängigen Verwalters gegenüber dem bisherigen Standardverfahren des Zahlungsabgleichs verändert. Der Prozess der Risikobeurteilung durch die
MSG bedingt insbesondere auf Seiten der staatlichen
Stellen eine systematische Erhebung und Analyse der
D-EITI 187 Bericht für 2020
vorhandenen Prozesse und Kontrollen, mit denen die
Ordnungsmäßigkeit der Zahlungsabwicklung der
relevanten Zahlungsströme sichergestellt werden soll,
und erfordert entsprechend die Festlegung von Zuständigkeiten und Gewinnung von Ansprechpartnern
sowie die Bereitstellung der erforderlichen Informationen zur Risikobeurteilung. Die Einbindung eines
Unabhängigen Verwalters mit entsprechender Erfahrung in der Aufnahme und Beurteilung von Prozessen
und Kontrollen erscheint dabei unverändert sinnvoll.
Darüber hinaus beruht die Risikobeurteilung auf der
Erhebung bzw. Übermittlung und Auswertung von
Informationen, die für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Zahlungsabwicklung relevant sein können. Perspektivisch empfehlen wir eine Überführung
der Arbeiten zur Informationsgewinnung und der
darauf aufbauenden Risikobeurteilung in einen „Regelprozess“, d.h. eine fortlaufende Auswertung verfügbarer Informationen bzw. einen laufenden Austausch
von Informationen zwischen den seitens der MSG als
relevant erachteten Informationsträgern und der
MSG. Sinngemäß gilt dies auch für die seitens der
MSG als relevant erachteten Informationsquellen.
Des Weiteren sind die Mitglieder der MSG aufgerufen,
Informationen aus ihrem jeweiligen eigenen beruflichen Umfeld im Hinblick auf eine mögliche Relevanz
für die Risikobeurteilung kritisch zu hinterfragen und,
soweit relevant, diese allen anderen Mitgliedern der
MSG zur Verfügung zu stellen.
Im Hinblick auf das nachfolgende Berichtsjahr 2021
empfehlen wir der MSG zu beurteilen, inwieweit sich
aus der rückwirkenden Anpassung der Feldes- und
Förderabgaben durch das Parlament des Landes Niedersachsen für das Berichtsjahr 2020 im Frühjahr
2021 (vgl. Kapitel 10, Seite 168) Auswirkungen auf die
Qualitätssicherung der Ordnungsmäßigkeit der Zahlungsabwicklung der relevanten Zahlungsströme im
Berichtsjahr 2021 ergeben haben könnten. Dabei sollte
beachtet werden, dass bisher weder im Rahmen des
bisherigen „Standardverfahrens“ – also des unmittelbaren Abgleichs der durch die teilnehmenden Unternehmen gemeldeten Zahlungsströme mit den
Zahlungseingängen auf Seiten der staatlichen
Stellen – noch im Rahmen des alternativen, systembasierten Ansatzes bedeutsame Zahlungsströme von
Seiten der staatlichen Stellen an die teilnehmenden
Unternehmen zu beurteilen waren.
Ferner empfehlen wir der MSG eine inhaltliche Befassung mit der „Corporate Sustainability Reporting
Directive – CSRD“ (Richtlinie (EU) 2022/2464), also
der Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Nachhaltigkeitsbezogene
Angaben werden perspektivisch im Rahmen der
Rechnungslegung von Unternehmen deutlich an
Bedeutung gewinnen und gleichberechtigt neben den
klassischen, bisherigen Finanzinformationen der Unternehmen stehen.13 Unternehmen sollen im Rahmen der sog. doppelten Wesentlichkeitsanalyse zum
einen über die auf sie einwirkenden umwelt- und gesellschaftsbezogenen Aspekte sowie zum anderen
über die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf ihr Umfeld berichten. Die Inhalte der Berichterstattung werden im Rahmen von Berichtsstandards definiert. Im
Februar 2023 hat die für die Erarbeitung der Berichtsstandards zuständige „European Financial Reporting
Advisory Group“ (EFRAG) ein Arbeitspapier in Vorbereitung auf einen European Sustainability Reporting
Standard (ESRS) „Mining, Quarrying and Coal“ veröffentlicht. Dieses erste Arbeitspapier zu einem sektorspezifischen Berichtsstandard nimmt expliziten Bezug
auf die Qualitätssicherungsmechanismen der EITI
und leitet hieraus Berichterstattungspflichten für die
Unternehmen der Rohstoffbranche ab. Wir empfehlen der MSG eine inhaltliche Würdigung, ob sich hieraus Auswirkungen auf D-EITI und die Aktivitäten der
MSG ergeben könnten. Ferner sollte die MSG beurteilen, ob es vor dem Hintergrund der gesammelten
Erfahrungen sinnvoll erscheinen könnte, sich am bevorstehenden Due Process der EFRAG zu beteiligen,
um auf die inhaltliche Gestaltung des ESRS „Mining,
Quarrying and Coal“ im Sinne der D-EITI Einfluss
zu nehmen.