Die Sicherung der Rohstoffversorgung in Deutschland liegt in erster Linie in der Verantwortung der Unternehmen. Aufgabe der Rohstoffpolitik ist es, mit geeigneten und verlässlichen Rahmenbedingungen die Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Rohstoffversorgung auf eine sichere, soziale, wirtschaftliche und ökologische Basis zu stellen. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn faire Wettbewerbsbedingungen im internationalen Rohstoffmarkt beeinträchtigt sind.
Im Rahmen ihrer Rohstoffstrategie hat die Bundesregierung im Jahr 2020 bereits notwendige Anpassungen vorgenommen . Mit insgesamt 17 Maßnahmen ersetzte sie die erste Rohstoffstrategie aus dem Jahr 2010. Die Strategie benennt die drei wesentlichen Säulen der deutschen Rohstoffversorgung: heimische Primärrohstoffe, Sekundärrohstoffe aus Recycling und Rohstoffimporte. Jede dieser Säulen ist von elementarer Bedeutung, damit eine sichere Rohstoffversorgung auf Dauer gewährleistet werden kann.
Das im Januar 2023 veröffentlichte „Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz: Wege zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung“ ergänzt die bestehende Rohstoffstrategie mit aktuellen Schwerpunkten der neu ausgerichteten Rohstoffpolitik. Dazu zählen eine enge Verzahnung von Kreislaufwirtschafts- und Rohstoffstrategie, die Diversifizierung der Rohstofflieferketten sowie die Sicherung eines fairen Marktrahmens durch hohe ESG (Environmental, Social & Governance)-Standards und internationale Zusammenarbeit .
Für die heimische Rohstoffförderung und die Sicherung rohstoffgeologischer Daten in Deutschland gibt es etablierte Strukturen der Zusammenarbeit. Die Staatlichen Geologischen Dienste (SGD) der Bundesländer erheben notwendige rohstoffgeologische und rohstoffwirtschaftliche Daten zur Rohstoffsicherung, geben rohstoffgeologische Kartenwerke und Fachplanungskarten heraus und erstellen Rohstoffsicherungskonzepte. Sie stehen in engem Austausch mit der BGR. Darüber hinaus nimmt die B GR in verschiedenen europäischen Projekten und Gremien teil (z.B. GeoERA ) und kooperiert mit geologischen Diensten auf europäischer Ebene. Damit leisten die Behörden insgesamt einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Versorgung mit Rohstoffen in Deutschland.
Der heimische Rohstoffabbau braucht weiterhin einen verlässlichen Rechtsrahmen. Die Bundesregierung beabsichtigt, diesen Rechtsrahmen zu modernisieren. Dazu soll noch in dieser Legislaturperiode das Bundesberggesetz geändert werden. Ziele der Bundesregierung sind eine ökologische Ausrichtung der Rohstoffgewinnung und zugleich eine Erleichterung des Abbaus heimischer Rohstoffe .
Die Einhaltung höchster Umwelt- und Sozialstandards kann zur Akzeptanz für die Rohstoffgewinnung beitragen. Eine sachgerechte und konstruktive Beteiligung von Interessengruppen ist insbesondere im Rohstoffsektor wichtig, da dieser mit erheblichen Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt verbunden ist. Daher ist aus Sicht der Bundesregierung der ständige, konstruktive Dialog mit der Bevölkerung essenziell. Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen ihrer Rohstoffstrategie dafür ein, das Bewusstsein und das gesellschaftliche Verständnis für die Bedeutung heimischer Rohstoffproduktion auszubauen. Die heimische Rohstoffindustrie setzt bereits zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der aufgeklärten, kritischen Diskussion um, u.a. durch Vermittlung schulischen Wissens , durch eine aktive, frühzeitige Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei neuen Projekten sowie freiwilligen Selbstverpflichtungen zur transparenten Offenlegung von Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette . Auch das Angebot außerschulischer Lernorte für Umweltbildung, z. B. in zertifizierten Geoparks und Geotopen , kann einen Beitrag zum Verständnis der heimischen Rohstoffgewinnung leisten.
Darüber hinaus kann die Umsetzung weitgehend geschlossener Rohstoffkreisläufe und damit der vermehrte Einsatz von Sekundärrohstoffen aus dem Recycling die Resilienz der Rohstoffversorgung erhöhen. Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, müssen bestehende Hemmnisse identifiziert und abgebaut werden. In einem auf zwei Jahre angelegten breiten Dialogprozesses der vom BMWK beauftragten „Dialogplattform Recyclingrohstoffe“ bei der DERA sollen notwendige Handlungsfelder für wichtige industrielle Rohstoffe (Metalle und Industrieminerale) aufzeigt werden. Dadurch wird die Transformation der Rohstoffversorgung hin zu einer Kreislaufwirtschaft gefördert, die einen Bedarf an Primärrohstoffen reduziert. Die EU-Kommission verfolgt mit dem Aktionsplan Kreislaufwirtschaft das Ziel, den Einsatz von Recyclingmaterial bis 2030 zu verdoppeln. Zusammen mit der Umstellung auf weniger rohstoffintensive Herstellungsprozesse und Produkte kann damit eine höhere Resilienz im Rohstoffsektor erreicht werden.
Mit Blick auf die geopolitische Entwicklung und die genannten Herausforderungen beim Import von Rohstoffen sieht die Bundesregierung zudem die Notwendigkeit, die Diversifizierung in den Lieferketten kritischer und strategischer Rohstoffe im Zusammenwirken mit den Unternehmen mittel- und langfristig zu erhöhen . Eine Diversifizierung von Rohstofflieferketten ist insbesondere dann notwendig, wenn die Konzentration der Lieferbeziehungen sehr hoch ist oder auf der Angebotsseite kein Markt besteht (siehe Abschnitt II). Dies gilt sowohl für den Abbau bzw. die Rohstoffgewinnung als auch für die Weiterverarbeitung von Rohstoffen.
Um die potentiellen Rohstoffpreis- und Lieferrisiken besser abschätzen zu können, ist eine fundierte und aktuelle Wissensbasis über mögliche Nachfrageentwicklungen für Rohstoffe aus rohstoffintensiven und -sensiblen Zukunftstechnologien erforderlich. Die BGR und die dort angesiedelte DERA analysieren und bewerten laufend die internationalen Rohstoffmärkte für mineralische Rohstoffe, fossile Energierohstoffe sowie seit Kurzem auch Recyclingrohstoffe und bieten ein umfassendes Informations- und Beratungsangebot für die deutsche Wirtschaft, Politik und Gesellschaft an. Bestandteil des DERA-Rohstoffmonitorings ist das Projekt „Rohstoffe für Zukunftstechnologien“ mit der gleichnamigen Studie, die regelmäßig im Fünfjahresrhythmus aktualisiert wird. Die Studie „Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2021“, die vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) im Auftrag der DERA erstellt wurde, schätzt den Rohstoffbedarf für 33 Zukunftstechnologien für das Jahr 2040 ab. Treiber für die ausgewählten Technologien sind Megatrends wie Dekarbonisierung und Digitalisierung . Der Preismonitor der DERA informiert die Öffentlichkeit monatlich über aktuelle Preisentwicklungen .
Darüber hinaus arbeitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) daran, die Kooperationen mit internationalen Partnern im Rohstoffbereich auszuweiten. Damit soll die Diversifizierung internationaler Rohstoffbezugsquellen befördert und die Kooperation mit denjenigen Ländern und Regionen ausgebaut werden, die als Wertepartner für die Bundesregierung gelten . Zum Tragen kommen hierbei sowohl bilaterale Rohstoffkooperationen (mit z.B. Chile, Australien und Kanada) als auch multilaterale Formate wie die Minerals Security Partnership (unter Beteiligung der USA, Japan, Kanada, Australien, Korea, Frankreich, Norwegen, Finnland, Schweden und der EU-KOM).
Die Diversifizierung der Rohstoffversorgung, die zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beiträgt, muss unter Einhaltung von hohen-Nachhaltigkeitsstandards umgesetzt werden. Die Bundesregierung erwartet von allen international tätigen, deutschen Unternehmen unabhängig ihrer Größe, dass sie ihrer Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte entlang von Rohstoffwertschöpfungsketten nachkommen . Maßstab für die erforderliche unternehmerische Sorgfalt sind die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte , die OECD Leitsätze für Multinationale Unternehmen und die Dreigliedrige Grundsatzerklärung über Multinationale Unternehmen der ILO . Speziell für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten sowie für die Beteiligung von Interessengruppen existieren zudem Leitfäden der OECD mit konkretisierenden Empfehlungen im Bereich der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten.
Die seit 1. Januar 2023 geltenden Pflichten nach dem Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG) sind grundsätzlich auch auf den Import von Rohstoffen anwendbar. Dies gilt auch für im Inland ansässige, ausländische Zweigniederlassungen. Die Umsetzung des Gesetzes wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert .
In insgesamt acht Ländern (Australien, Brasilien, Chile, China, Ghana, Kanada, Peru, Südafrika) wurden zudem Kompetenzzentren für Bergbau und Rohstoffe an den jeweiligen Auslandshandelskammern errichtet. Diese beraten Unternehmen und führen vor Ort Dialoge mit staatlichen Stellen und Multiplikatoren des jeweiligen Bergbau- und Rohstoffsektors, um bezüglich der Anforderungen an Nachhaltigkeitsstandards entlang der gesamten Lieferkette zu sensibilisieren.