Beitrag der heimischen Rohstoffgewinnung zur Versorgungssicherheit unter Einbeziehung der Rolle Deutschlands im internationalen Rohstoffmarkt

Rohstoffbedarf

Deutschland ist als Industrie- und Technologiestandort auf eine sichere Versorgung mit energetischen und nicht-energetischen (mineralischen) Rohstoffen angewiesen. Für wichtige Zukunftstechnologien – für die Erneuerbaren Energien (EE), insbesondere für die Digitalisierung und die Elektromobilität – werden zukünftig sogar mehr mineralische Rohstoffe benötigt als bisher. Dazu zählen neben den Hochtechnologiemetallen beispielsweise ausgewählte Industrieminerale. Der 5. D-EITI Bericht stellt den konkreten Rohstoffbedarf für EE-Anlagen im Kontext der Gesamtenergieversorgung sowie für die Elektromobilität in Kapitel 8 dar .
Im Hinblick auf die Versorgungssicherheit für den Rohstoffbedarf in Deutschland müssen drei Säulen betrachtet werden: heimische Primärrohstoffe, Sekundärrohstoffe sowie Rohstoffimporte . Der im Dezember 2022 erschienene Bericht der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) zur Rohstoffsituation in Deutschland liefert dafür Daten zur heimischen Rohstoffproduktion, zum deutschen Außenhandel, zum Einsatz von Sekundärrohstoffen aus dem Recycling, zur Entwicklung der Rohstoffpreise und zum Rohstoffverbrauch im Kontext der Versorgungssituation Deutschlands mit mineralischen Rohstoffen und Energierohstoffen im Jahr 2021 .

Heimische Primärrohstoffe

Entgegen der gängigen Meinung ist Deutschland durchaus rohstoffreich (vgl. nachfolgende Abbildung). Den Bedarf an Steine- und Erden-Rohstoffen (vor allem für die Baustoff-, Glas- und Keramikindustrie), Kaliprodukten (für die Landwirtschaft), Steinsalz (insbesondere für die chemische und pharmazeutische Industrie sowie als Auftausalz) sowie an einigen Industriemineralen kann vollständig aus heimischen Rohstoffquellen gedeckt werden. Auch einzelne Energierohstoffe wie die Braunkohle und Erdgas sowie Erdöl werden in Deutschland verbrauchsnah gefördert und tragen zur Versorgungssicherheit mit Rohstoffen bei. Dabei werden im internationalen Vergleich hohe Umwelt- und Sozialstandards eingehalten. Die energetische Nutzung der heimischen Braunkohle hatte im Jahr 2020 einen Anteil am Primärenergieverbrauch in Deutschland von etwa 8 % und im Jahr 2021 von etwa 9 %, bei Fördermengen von 107,4 Mio. t bzw. 126,3 Mio. t. Mit der heimischen Förderung von Erdöl und Erdgas konnten in den Jahren 2020 und 2021 jeweils 2 % bzw. etwa 5 % des Verbrauchs 

Sekundärrohstoffe aus Recycling

Metallische Rohstoffe werden aufgrund ihrer guten Recyclingfähigkeit oft nicht verbraucht, sondern gebraucht. Sie können nach einer Aufbereitung wieder in einen Produktkreislauf zurückgeführt werden. Viele Produkte aus nichtmetallischen Rohstoffen werden dagegen häufig chemisch verändert (bspw. Zement, Beton) und können deshalb nicht wieder direkt in den Produktreiskauf zurückgeführt werden. Sie lassen sich jedoch als Ersatzstoffe (z. B. Glas) für primäre Rohstoffe wieder in den Wirtschaftskreislauf einbringen (Recyclingrohstoffe) . Die Sekundärrohstoffe tragen zur heimischen Rohstoffversorgung bei und verringern die Importabhängigkeit. Einzelne Daten zu Recycling- und Einsatzquoten aus dem Jahr 2020 dokumentiert der 5. D-EITI Bericht im Kapitel 7.4d .
Mit einem Ausbau der Kreislaufwirtschaft mit einem qualitativ und quantitativ verbesserten Recycling kann ein zukünftig steigender Anteil des deutschen Rohstoffbedarfs gedeckt werden . Im Bereich der Seltenen Erden oder anderer Spezialmetalle kommen Kreislaufwirtschaftsansätze oder Recyclingverfahren bislang allerdings kaum über den Stand von Forschung und Entwicklung hinaus . Die erforderliche Weiterentwicklung der Kreislaufwirtschaft muss darauf abzielen, einerseits durch Sekundärstoffe einen größeren Anteil des deutschen Rohstoffbedarfs zu decken und andererseits einen möglichst hohen Beitrag zur Treibhausgasminderung zu leisten. Dafür gilt es, entsprechende Verwertungswege auf- und auszubauen, auch um die notwendigen Importe zu reduzieren. Das Angebot an Recyclingmaterial reicht dennoch nicht aus, um den steigenden Rohstoffbedarf für die Transformation der Energieversorgung sowie für andere Zukunftstechnologien vollständig zu kompensieren. Daher sind zusätzliche spezifische Rohstoffförderungen und -beschaffungen auch in Zukunft weiterhin notwendig.

Rohstoffimporte

Bei Metallen, einzelnen Industriemineralen und Energierohstoffen (mit Ausnahme der Braunkohle) ist die Industrie stark von außereuropäischen Importen (vgl. Metallimporte VERWEIS AUF ABB xx) und damit stark von der Verfügbarkeit auf den internationalen Rohstoffmärkten abhängig. Mit 398,8 Mio. t hat Deutschland 2021 insgesamt 3,3 % mehr Rohstoffe importiert als im Vorjahr. Hierbei nahm der Import von Metallen mit anteilig 14,6 %deutlich zu. Im Jahr 2021 wurden Energierohstoffe, Metalle und Nichtmetalle (davon etwa 50 % Industrieminerale) im Wert von 211,2 Mrd. Euro nach Deutschland eingeführt . Weitere Angaben über Importmengen in den Sektoren der deutschen Rohstoffgewinnung befinden sich im 5. D-EITI Bericht im Kapitel 2a.
Die Deutsche Rohstoffagentur (DERA) in der BGR hat zuletzt in 2021 einen Monitoring-Bericht zur weltweiten Angebotskonzentration wichtiger Rohstoffe und Zwischenprodukte veröffentlicht. In der sogenannten „DERA-Rohstoffliste 2021“ sind insgesamt 34 Metalle, 27 Industrieminerale, dazu Kokskohle sowie 217 Handelsprodukte aufgeführt . Die Erhebung kommt zu dem Ergebnis, dass fast 45 % aller untersuchten Bergwerks-, Raffinade- und Handelsprodukte erhöhten Lieferrisiken unterliegen. Die Europäische Kommission hat zudem eine Liste kritischer Rohstoffe veröffentlicht , die von hoher wirtschaftlicher Bedeutung sind und bei denen gleichzeitig hohe Versorgungsrisiken für die EU und somit auch für Deutschland bestehen (siehe auch DERA-Rohstoffmonitoring ). China dominiert den internationalen Markt als wichtigster Anbieter bei einer Vielzahl von Rohstoffen und ist derzeit das wichtigste Land für die Gewinnung und Weiterverarbeitung von „kritischen Rohstoffen“. Dort werden beispielsweise 80 % der Seltenen Erden gefördert, die aufgrund ihrer vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für die Energiewende und für weitere Schlüsseltechnologien eine zunehmende wirtschaftliche Bedeutung erfahren.

Herausforderungen und Ziele

Der Ausstieg aus der Nutzung und der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und die Transformation in der Industrie hin zur Anwendung von treibhausgasneutralen Technologien führt zu einem Mehrbedarf an mineralischen Rohstoffen und insbesondere an Metallen. Andererseits bewirkt der Ausstieg aus der Nutzung fossiler Energieträger eine starke Reduzierung des Verbrauches der Energierohstoffe.
Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, die ökonomischen und ökologischen Potenziale des Recyclings umfassend zu nutzen, um den Ressourcenverbrauch insgesamt zu senken . Aufgaben zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft (i. S. des zirkulären Wirtschaftens) sind regulatorischer, organisatorischer und technologischer Art, wie bspw. die Einführung von digitalen Produktpässen (Datentransparenz) oder die Rückgewinnung von gering konzentrierten seltenen Edel- und Sondermetallen aus der Informations- und Kommunikationstechnik. Ziel ist die Sicherstellung von hochwertigen Sekundärrohstoffen aus dem Recyclingmaterial für den Wirtschaftskreislauf, um eine vermehrte Nutzung von Sekundärrohstoffen gegenüber Primärrohstoffen zu erreichen. Dafür sind der Erhalt und ggf. auch der Ausbau von Verarbeitungskapazitäten für Metallrohstoffe in Deutschland und Europa notwendig. Insofern birgt ein Rückgang der Verarbeitungskapazität in Deutschland, z.B. der für den Leichtbau wichtigen Aluminiumindustrie, auch die Gefahr neuer Importabhängigkeiten. Aus der Perspektive der Zivilgesellschaft sollte der Rohstoffverbrauch durch einen begrenzten Primärrohstoffeinsatz, ökologisches Produktdesign, Produktlanglebigkeit und -reparaturfähigkeit, Sharingmodelle, Recycling, Urban Mining u.V.m. insgesamt gesenkt und Rohstoffabhängigkeiten reduziert werden.
Für die von Rohstoffimporten stark abhängige deutsche Wirtschaft ist die Transformation der Industrie mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Der internationale Wettbewerb um Rohstoffe, wie die oben genannten „kritischen Rohstoffe“, unterliegt zunehmenden Marktbeschränkungen. Dies erfolgt durch staatliche Lenkungsmaßnahmen in den rohstoffproduzierenden Ländern und die teilweise hohe Unternehmenskonzentration auf der Angebotsseite, sowohl im Bergbau als auch in der Rohstoffverarbeitung. Die COVID-Pandemie hat im Jahr 2020 zu einer sinkenden Rohstoffförderung und zu globalen Lieferengpässen geführt. Hinzu kommt eine verstärkte geopolitische Zuspitzung bei hoher Abhängigkeit. Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und den damit verbundenen Einschränkungen haben sich die Risiken für die Rohstoffbeschaffung durch Verknappung, Preissteigerung und Störungen in der Lieferkette zusätzlich erhöht. Neben Erdgas, Erdöl und Steinkohle wurde eine Reihe von Metallen wie Nickel, Titan, Palladium und Kupfer aus Russland oder wie Kupfer, Eisen und Ferrolegierungen aus der Ukraine importiert. Die Wirtschaft unternimmt große Anstrengungen, die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig die Abhängigkeit von fossilen und mineralischen Rohstoffen aus Russland schnellstmöglich zu reduzieren.
Angesichts der globalen Situation will die Bundesregierung die Bemühungen deutscher Unternehmen bei der Rohstoffversorgung unterstützen. Gleichzeitig verfolgt die Bundesregierung das Ziel, die Einhaltung höchster menschenrechtlicher und ökologischer Standards entlang der Lieferkette von Primärrohstoffen sicherzustellen und so zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beizutragen. Die Unternehmen im Rohstoffsektor tragen die Verantwortung, die für sie geltenden Vorgaben einzuhalten .
Eine weitere Herausforderung für die Unternehmen ist, auf rasante Entwicklungen im Transformationsprozess und am internationalen Rohstoffmarkt rechtzeitig zu reagieren. Änderungen im Anlagenpark oder im Geschäftsmodell erfordern oft erhebliche Investitionen, aufwändige betriebsinterne Planungsprozesse und Errichtungsphasen bei gleichzeitigen Rohstoffengpässen, Preisschwankungen (nebst hoher Energiekosten) und Fachkräftemangel. Zudem beklagt vor allem die Privatwirtschaft die Komplexität und den hohen Zeitbedarf von Genehmigungsverfahren. Darüber hinaus erschwert die oft fehlende öffentliche Akzeptanz die Exploration und Rohstoffgewinnung in Deutschland . Um den ambivalenten Charakter der Rohstoffproduktion darzustellen, ist aus Sicht der Zivilgesellschaft entscheidend, neben den volkswirtschaftlichen Gewinnen auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen des primären Rohstoffabbaus im In- und Ausland aufzuzeigen.

Maßnahmen zur Gewährleistung und Erhöhung der Resilienz

Die Sicherung der Rohstoffversorgung in Deutschland liegt in erster Linie in der Verantwortung der Unternehmen. Aufgabe der Rohstoffpolitik ist es, mit geeigneten und verlässlichen Rahmenbedingungen die Unternehmen dabei zu unterstützen, ihre Rohstoffversorgung auf eine sichere, soziale, wirtschaftliche und ökologische Basis zu stellen. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn faire Wettbewerbsbedingungen im internationalen Rohstoffmarkt beeinträchtigt sind.
Im Rahmen ihrer Rohstoffstrategie hat die Bundesregierung im Jahr 2020 bereits notwendige Anpassungen vorgenommen . Mit insgesamt 17 Maßnahmen ersetzte sie die erste Rohstoffstrategie aus dem Jahr 2010. Die Strategie benennt die drei wesentlichen Säulen der deutschen Rohstoffversorgung: heimische Primärrohstoffe, Sekundärrohstoffe aus Recycling und Rohstoffimporte. Jede dieser Säulen ist von elementarer Bedeutung, damit eine sichere Rohstoffversorgung auf Dauer gewährleistet werden kann.
Das im Januar 2023 veröffentlichte „Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz: Wege zu einer nachhaltigen und resilienten Rohstoffversorgung“ ergänzt die bestehende Rohstoffstrategie mit aktuellen Schwerpunkten der neu ausgerichteten Rohstoffpolitik. Dazu zählen eine enge Verzahnung von Kreislaufwirtschafts- und Rohstoffstrategie, die Diversifizierung der Rohstofflieferketten sowie die Sicherung eines fairen Marktrahmens durch hohe ESG (Environmental, Social & Governance)-Standards und internationale Zusammenarbeit .
Für die heimische Rohstoffförderung und die Sicherung rohstoffgeologischer Daten in Deutschland gibt es etablierte Strukturen der Zusammenarbeit. Die Staatlichen Geologischen Dienste (SGD) der Bundesländer erheben notwendige rohstoffgeologische und rohstoffwirtschaftliche Daten zur Rohstoffsicherung, geben rohstoffgeologische Kartenwerke und Fachplanungskarten heraus und erstellen Rohstoffsicherungskonzepte. Sie stehen in engem Austausch mit der BGR. Darüber hinaus nimmt die B GR in verschiedenen europäischen Projekten und Gremien teil (z.B. GeoERA ) und kooperiert mit geologischen Diensten auf europäischer Ebene. Damit leisten die Behörden insgesamt einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Versorgung mit Rohstoffen in Deutschland.
Der heimische Rohstoffabbau braucht weiterhin einen verlässlichen Rechtsrahmen. Die Bundesregierung beabsichtigt, diesen Rechtsrahmen zu modernisieren. Dazu soll noch in dieser Legislaturperiode das Bundesberggesetz geändert werden. Ziele der Bundesregierung sind eine ökologische Ausrichtung der Rohstoffgewinnung und zugleich eine Erleichterung des Abbaus heimischer Rohstoffe .
Die Einhaltung höchster Umwelt- und Sozialstandards kann zur Akzeptanz für die Rohstoffgewinnung beitragen. Eine sachgerechte und konstruktive Beteiligung von Interessengruppen ist insbesondere im Rohstoffsektor wichtig, da dieser mit erheblichen Auswirkungen auf Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt verbunden ist. Daher ist aus Sicht der Bundesregierung der ständige, konstruktive Dialog mit der Bevölkerung essenziell. Die Bundesregierung setzt sich im Rahmen ihrer Rohstoffstrategie dafür ein, das Bewusstsein und das gesellschaftliche Verständnis für die Bedeutung heimischer Rohstoffproduktion auszubauen. Die heimische Rohstoffindustrie setzt bereits zahlreiche Maßnahmen zur Förderung der aufgeklärten, kritischen Diskussion um, u.a. durch Vermittlung schulischen Wissens , durch eine aktive, frühzeitige Kommunikation und Öffentlichkeitsbeteiligung bei neuen Projekten sowie freiwilligen Selbstverpflichtungen zur transparenten Offenlegung von Daten entlang der gesamten Wertschöpfungskette . Auch das Angebot außerschulischer Lernorte für Umweltbildung, z. B. in zertifizierten Geoparks und Geotopen , kann einen Beitrag zum Verständnis der heimischen Rohstoffgewinnung leisten.
Darüber hinaus kann die Umsetzung weitgehend geschlossener Rohstoffkreisläufe und damit der vermehrte Einsatz von Sekundärrohstoffen aus dem Recycling die Resilienz der Rohstoffversorgung erhöhen. Um die Kreislaufwirtschaft zu fördern, müssen bestehende Hemmnisse identifiziert und abgebaut werden. In einem auf zwei Jahre angelegten breiten Dialogprozesses der vom BMWK beauftragten „Dialogplattform Recyclingrohstoffe“ bei der DERA sollen notwendige Handlungsfelder für wichtige industrielle Rohstoffe (Metalle und Industrieminerale) aufzeigt werden. Dadurch wird die Transformation der Rohstoffversorgung hin zu einer Kreislaufwirtschaft gefördert, die einen Bedarf an Primärrohstoffen reduziert. Die EU-Kommission verfolgt mit dem Aktionsplan Kreislaufwirtschaft das Ziel, den Einsatz von Recyclingmaterial bis 2030 zu verdoppeln. Zusammen mit der Umstellung auf weniger rohstoffintensive Herstellungsprozesse und Produkte kann damit eine höhere Resilienz im Rohstoffsektor erreicht werden.
Mit Blick auf die geopolitische Entwicklung und die genannten Herausforderungen beim Import von Rohstoffen sieht die Bundesregierung zudem die Notwendigkeit, die Diversifizierung in den Lieferketten kritischer und strategischer Rohstoffe im Zusammenwirken mit den Unternehmen mittel- und langfristig zu erhöhen . Eine Diversifizierung von Rohstofflieferketten ist insbesondere dann notwendig, wenn die Konzentration der Lieferbeziehungen sehr hoch ist oder auf der Angebotsseite kein Markt besteht (siehe Abschnitt II). Dies gilt sowohl für den Abbau bzw. die Rohstoffgewinnung als auch für die Weiterverarbeitung von Rohstoffen.
Um die potentiellen Rohstoffpreis- und Lieferrisiken besser abschätzen zu können, ist eine fundierte und aktuelle Wissensbasis über mögliche Nachfrageentwicklungen für Rohstoffe aus rohstoffintensiven und -sensiblen Zukunftstechnologien erforderlich. Die BGR und die dort angesiedelte DERA analysieren und bewerten laufend die internationalen Rohstoffmärkte für mineralische Rohstoffe, fossile Energierohstoffe sowie seit Kurzem auch Recyclingrohstoffe und bieten ein umfassendes Informations- und Beratungsangebot für die deutsche Wirtschaft, Politik und Gesellschaft an. Bestandteil des DERA-Rohstoffmonitorings ist das Projekt „Rohstoffe für Zukunftstechnologien“ mit der gleichnamigen Studie, die regelmäßig im Fünfjahresrhythmus aktualisiert wird. Die Studie „Rohstoffe für Zukunftstechnologien 2021“, die vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI und dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) im Auftrag der DERA erstellt wurde, schätzt den Rohstoffbedarf für 33 Zukunftstechnologien für das Jahr 2040 ab. Treiber für die ausgewählten Technologien sind Megatrends wie Dekarbonisierung und Digitalisierung . Der Preismonitor der DERA informiert die Öffentlichkeit monatlich über aktuelle Preisentwicklungen .
Darüber hinaus arbeitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) daran, die Kooperationen mit internationalen Partnern im Rohstoffbereich auszuweiten. Damit soll die Diversifizierung internationaler Rohstoffbezugsquellen befördert und die Kooperation mit denjenigen Ländern und Regionen ausgebaut werden, die als Wertepartner für die Bundesregierung gelten . Zum Tragen kommen hierbei sowohl bilaterale Rohstoffkooperationen (mit z.B. Chile, Australien und Kanada) als auch multilaterale Formate wie die Minerals Security Partnership (unter Beteiligung der USA, Japan, Kanada, Australien, Korea, Frankreich, Norwegen, Finnland, Schweden und der EU-KOM).
Die Diversifizierung der Rohstoffversorgung, die zur Erreichung der Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beiträgt, muss unter Einhaltung von hohen-Nachhaltigkeitsstandards umgesetzt werden. Die Bundesregierung erwartet von allen international tätigen, deutschen Unternehmen unabhängig ihrer Größe, dass sie ihrer Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte entlang von Rohstoffwertschöpfungsketten nachkommen . Maßstab für die erforderliche unternehmerische Sorgfalt sind die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte , die OECD Leitsätze für Multinationale Unternehmen und die Dreigliedrige Grundsatzerklärung über Multinationale Unternehmen der ILO . Speziell für Minerale aus Konflikt- und Hochrisikogebieten sowie für die Beteiligung von Interessengruppen existieren zudem Leitfäden der OECD mit konkretisierenden Empfehlungen im Bereich der menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten.
Die seit 1. Januar 2023 geltenden Pflichten nach dem Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (LkSG) sind grundsätzlich auch auf den Import von Rohstoffen anwendbar. Dies gilt auch für im Inland ansässige, ausländische Zweigniederlassungen. Die Umsetzung des Gesetzes wird durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert .
In insgesamt acht Ländern (Australien, Brasilien, Chile, China, Ghana, Kanada, Peru, Südafrika) wurden zudem Kompetenzzentren für Bergbau und Rohstoffe an den jeweiligen Auslandshandelskammern errichtet. Diese beraten Unternehmen und führen vor Ort Dialoge mit staatlichen Stellen und Multiplikatoren des jeweiligen Bergbau- und Rohstoffsektors, um bezüglich der Anforderungen an Nachhaltigkeitsstandards entlang der gesamten Lieferkette zu sensibilisieren.

Deutschlands Rolle im internationalen Rohstoffmarkt

Im Rahmen der Rohstoffstrategie unterstützt die Bundesregierung Initiativen der Europäischen Kommission, die auf eine Wiederbelebung der primären Gewinnung von notwendigen metallischen Rohstoffen für Elektromobilität und Energiewende in Mitgliedsstaaten der EU abzielen .
Durch Initiativen wie die Europäische Batterie-Allianz wurden bereits umfangreiche öffentliche und private Investitionen angestoßen, die Technologien, Fähigkeiten und Kompetenzen in den Bereichen Raffination und Metallurgie als entscheidenden Bestandteil der Wertschöpfungskette stärken. Die Bundesregierung hat sich engagiert und konstruktiv an der Erarbeitung der EU-Verordnung (2017/821) zu sogenannten Konfliktmineralen beteiligt und damit Regeln für eine unternehmerische Verantwortung festgeschrieben (siehe auch 5. D-EITI Bericht, Kapitel 7.3h Unternehmerische Verantwortung).
Der Zugang zu Ressourcen ist von strategischer Bedeutung für das Ziel Europas, den Green Deal zu verwirklichen und die Nachhaltigkeit bei der Rohstoffgewinnung zu gewährleisten. Der Rohstoffaspekt ist daher integraler Bestandteil der neuen Europäischen Rohstoffallianz (ERMA) . Eine multilaterale Initiative zur Stärkung kritischer Rohstoffversorgungsketten ist die Mineral Security Partnership (MSP) Initiative aus dem Jahr 2022, die die Bundesregierung unterstützt. Die MSP soll sicherstellen, dass kritische Minerale (Rohstoffe) auf eine Art und Weise produziert, verarbeitet und recycelt werden, die die Länder dabei unterstützt, das volle wirtschaftliche Entwicklungspotenzial ihrer mineralischen Ressourcen auszuschöpfen.
Die Bundesregierung unterstützt die „Initiative für Transparenz im rohstoffgewinnenden Sektor“ (Extractive Industries Transparency Initiative – EITI), die der Erhöhung von Transparenz im Rohstoffsektor dient, damit Einnahmen im Rohstoffsektor in den Staatshaushalt der jeweiligen Länder fließen . Auch wenn China und andere EITI nicht umsetzende Länder den größten Teil der kritischen Rohstoffe produzieren, dokumentiert der EITI Bericht Mission critical aus dem Jahr 2022 weltweite Produzenten und mögliche Produzenten von „kritischen Rohstoffen“, die den EITI-Standard bereits umsetzen. Einen Überblick über die Produktion von wichtigen Rohstoffen für die Umsetzung treibhausgasneutraler Technologien (Lithium, Kobalt, Nickel, Kupfer und Seltene Erden) in Ländern, die die EITI umsetzen, gibt der EITI-Bericht Strengthening governance of critical minerals aus dem Jahr 2022.

Die Lücken in den Kapazitäten der EU für Gewinnung, Raffination, Verarbeitung, Recycling (z. B. für Lithium oder Seltene Erden) und in der Kreislaufwirtschaft machen die hohen und z.T. kritischen Abhängigkeiten bei der Versorgung mit Rohstoffen besonders deutlich. Ziel muss es sein, die kritischen Abhängigkeiten abzubauen. Für eine erfolgreiche Umsetzung bedarf es dazu auf den verschiedenen internationalen Ebenen wie auch in Deutschland eines Umdenkens in der Industrie- und Innovationspolitik. Dies umfasst insbesondere die gezielte Förderung von materialeffizienten Ansätzen zur absoluten Reduzierung des Rohstoffeinsatzes.

Quellen