Kreislaufwirtschaft, insbesondere Recycling
Bedeutung
Gerade vor dem Hintergrund der global zu verzeichnenden zunehmenden Rohstoffnachfrage, aber auch der Herausforderungen im Kontext des Klimawandels, rückt ein zirkuläres Wirtschaften, bei dem bereits in der Produktentwicklung möglichst geschlossene Rohstoffkreisläufe mit wenig Materialverlust angestrebt werden, zunehmend in den Fokus.
Erste gesetzliche Grundlagen für die Abfallentsorgung wurden bereits Anfang des 19. Jahrhunderts in einigen Landesteilen entwickelt. Die erste bundeseinheitliche Regelung wurde 1972 mit dem Erlass des Abfallbeseitigungsgesetzes (AbfG) geschaffen.
Rechtliche Grundlagen
Umweltbelastungen, die Deponieknappheit der 1980er Jahre und die wachsende Erkenntnis, dass aus der Natur gewonnene Rohstoffe und Energieträger wertvolle Ressourcen sind, haben den Aufbau einer modernen Kreislaufwirtschaft angestoßen. Diese wird maßgeblich von dem auf der EU-Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG basierenden Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) geprägt. Wesentliches Element des KrWG ist die sogenannte fünfstufige Abfallhierarchie, die in der folgenden Rangfolge für Abfallbesitzer/innen und -erzeuger/innen anzuwenden ist: 1. Vermeidung, 2. Vorbereitung zur Wiederverwendung, 3. Recycling, 4. sonstige Verwertung – insbesondere energetische Verwertung und Verfüllung, 5. Beseitigung. Ein Bestandteil des deutschen Abfallrechts ist die Übertragung der Produktverantwortung auf Hersteller/innen und Vertreiber/innen, die dafür Sorge zu tragen haben, dass von der Produktentwicklung über die Herstellung bis zum Gebrauch das Entstehen von Abfällen vermindert werden soll und eine umweltverträgliche Verwertung oder Beseitigung sichergestellt ist.
Ziel einer modernen Kreislaufwirtschaft ist ein nachhaltiger Umgang mit Wertstoffen und die Entkoppelung der Abfallmengen von der Wirtschaftsleistung, am besten der Rückgang der Abfallmenge auch bei steigendem Wirtschaftswachstum. Damit einher geht der Schutz von Gewässern, Böden und des Klimas, beispielsweise durch die Vermeidung klimaschädlicher Gase aus Deponien. In Deutschland gilt bereits seit 2005 ein Deponierungsverbot für unbehandelte Siedlungsabfälle.
Mit der Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes (ElektroG) und dem Neuerlass der Verordnung über Anforderungen an die Behandlung von Elektro- und Elektronik-Altgeräten, die zum 01. Januar 2022 in Kraft treten, wird die Produktverantwortung für Elektrogeräte weiterentwickelt. Die Bundesregierung hat die bereits für Händler/innen von Elektrogeräten bestehenden Rücknahmepflichten nun auf große Discounter, Supermärkte und weitere Lebensmitteleinzelhändler/innen ab einer Ladenfläche von 800 m² erweitert. So soll das Sammelnetz verdichtet werden, damit Verbraucher/innen Elektro- und Elektronik-Altgeräte leichter entsorgen können und diese frühzeitig vom unsortierten Siedlungsabfall getrennt werden. Zudem wurde das Gesetz im Hinblick auf die Ziele der Schadstoffentfrachtung, also dem gezielten Entfernen von Schadstoffen und schadstoffbelasteten Produkten aus Abfällen, und der Ressourcenschonung, dem sparsamen Einsatz, der vollständigen Einsatzvermeidung und dem Ersetzen von Ressourcen – konkretisiert. Um die illegale Ausfuhr von Elektroaltgeräten und die mit der unsachgemäßen Behandlung der Altgeräte verbundenen Gefahren für Mensch und Umwelt einzudämmen, beinhaltet das ElektroG nun strenge Kriterien für die Abgrenzung von gebrauchten Geräten und Elektroaltgeräten. Danach dürfen grundsätzlich nur überprüfte, funktionsfähige Gebrauchtgeräte, die angemessen vor Beschädigung bei der Beförderung geschützt sind, mit entsprechenden Nachweisen als Nicht-Abfall exportiert werden. Die Nachweispflicht liegt beim/ der Exporteur/in.
Abfallaufkommen und -verwertung
Das gesamte Abfallaufkommen in Deutschland lag im Jahr 2019 brutto bei 416,5 Mio. t. und netto (ohne Doppelzählungen) bei 360,3 Mio. t. und ist nach dem bisherigen Höchststand 2018 (417,2 bzw. 362,3 Mio. t) weiter auf hohem Niveau. Bau- und Abbruchabfälle machen mit einer Menge von 230,9 Mio. t etwas mehr als die Hälfte des Gesamtbruttoaufkommens (ca. 55 %) aus. Das Aufkommen an Siedlungsabfällen, Sekundärabfällen (Abfällen aus Abfallbehandlungsanlagen), mit rund 50,6 Mio. t und der übrigen Abfälle, die insbesondere aus Produktion und Gewerbe stammen, mit rund 50,7 Mio. t, lagen deutlich darunter. Rund 28,1 Mio. t Abfall entstand aus der Gewinnung und Behandlung von Bodenschätzen.
Rund 339,9 Mio. t Abfälle wurden im Jahr 2019 verwertet, davon 292,0 Mio. t stofflich und 47,8 Mio. t energetisch.5 Die Verwertungsquote aller Abfälle ist in den letzten zehn Jahren bei gleichzeitigem Anstieg der Abfallmenge kontinuierlich von 74,3 % (2006) auf inzwischen 82 % (2019) angestiegen.6 Die Verwertungsquote bemisst den Anteil (Input) der gesammelten Abfälle, der einem stofflichen oder energetischen Verwertungsverfahren zugeführt wird. Die Recyclingquote, also der Anteil der recycelten oder zur Wiederverwendung vorbereiteten Abfälle, liegt in den letzten drei Jahren konstant bei rund 70%.7
Mit der Novelle der EU-Abfallrahmenrichtlinie wurde ein neues Berechnungsverfahren eingeführt. Die Recyclingquote legt nicht mehr die Abfallmenge zu Grunde, die den Verwertungsanlagen zugeführt wird (Inputmenge), sondern wieviel Material tatsächlich recycelt wird (Outputmenge, nach Ausschleusung von nicht recyclingfähigem Material). Erreichte Recyclingzahlen nach dem neuen Verfahren werden erst ab Juni 2022 zur Verfügung stehen.
Beispiele für Recycling- und Einsatzquoten9
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- Papier/Pappe/Kartonagen, die überwiegend getrennt gesammelt werden, erreichen eine Recyclingquote von nahezu 100 %.15 Die Einsatzquote von Altpapier liegt bei 76 %.16 Durch die Rückgewinnung werden Primärrohstoffe wie Holz, Kaolin und Kalk, aber auch Wasser und Energie eingespart. Allerdings ist Papier nicht unbegrenzt recyclingfähig, da die Fasern beim Recyceln immer kürzer werden.
- Bei der Glassammlung liegt die Recyclingquote bei ebenfalls nahezu 100 %.17 Dies gilt jedoch nur für entsprechend sortiertes Glas. Jede Glasverpackung besteht heute aus bis zu 60 % Recyclingglas, bei Grünglas liegt der Anteil sogar bei einer Einsatzquote von 95 %.18 Durch die Rückgewinnung des Glases wird die Nachfrage nach dem Primärrohstoff Quarzsand gesenkt.
- Rund 46,6 % der Kunststoffabfälle (2,93 Mio t von 6,28 Mio. t) wurden 2019 stofflich recycelt, der Rest wurde energetisch verwertet oder deponiert.19
- Die Recyclingquote für Elektroaltgeräte lag im Jahr 2019 bei 85,4 % und die Verwertungsquote bei 97,3 %. Allerdings wurden 2019 nur 44,3 % der in Verkehr gebrachten Elektroaltgeräte auch wirklich gesammelt. Um diese Menge zu steigern und die von der EU ab 2019 vorgegebene Sammelquote von 65 % zu erreichen,20 hat die Bundesregierung mit der Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes 2021 die bereits für Händler/innen von Elektrogeräten bestehenden Rücknahmepflichten nun auf große Discounter, Supermärkte und weitere Lebensmitteleinzelhändler/innen ab einer Ladenfläche von 800 m² erweitert. Dadurch soll das Sammelnetz verdichtet werden, damit Verbraucher/innen Elektro- und Elektronik-Altgeräte leichter entsorgen können und diese frühzeitig vom unsortierten Siedlungsabfall getrennt werden.
Zukünftige Herausforderungen/Ausblick
Deutschland hat eine Reihe von Anstrengungen unternommen, um Stoffkreisläufe besser zu schließen und ressourcenschonender zu wirtschaften. Dennoch gibt es verschiedene Bereiche, in denen Potential für Verbesserungen besteht.
Deutschland hat die von der EU seit 2019 vorgegebene Sammelquote für Elektroaltgeräte von 65 % nicht erreicht. Mit der Novellierung des ElektroG 2021 soll nun gewährleistet werden, dass in Deutschland künftig deutlich mehr wertvolle Rohstoffe aus Elektro- und Elektronik-Altgeräten zurückgewonnen werden und die EU-Vorgaben eingehalten werden. Dies soll durch spezifizierte Anforderungen an die Behandlung dieser Altgeräte, einer Rücknahmepflicht und der Verdichtung des Sammelnetzes sichergestellt werden.
Mit dem Kreislaufwirtschaftspaket der EU von 2018 werden die Mitgliedstaaten zu einer Vielzahl weiterer Schritte zur Stärkung der Abfallhierarchie verpflichtet. Die Mitgliedstaaten müssen z. B. Maßnahmen treffen, um die Wiederverwendung von Produkten zu fördern. Zudem soll die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Bedienungsanleitungen und technischen Informationen verbessert werden.
1 DNR: Glossar. URL: https://www.dnr.de/rohstoffpolitik-20/glossar/grundbegriffe/primaer-und-sekundaerrohstoffe/ (Abruf am 22. November 2021).
2 Gesetz zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen vom 9. Juni 2021.
3 Verordnung über das Verbot des Inverkehrbringens von bestimmten Einwegkunststoffprodukten und von Produkten aus oxo-abbaubarem Kunststoff (EWKVerbotV) vom 24. Juni 2021.
4 Verordnung über Anforderungen an den Einbau von mineralischen Ersatzbaustoffen in technische Bauwerke (ErsatzbaustoffV) vom 9. Juli.2021.
5 Stoffliche Verwertung im Sinne dieses Gesetzes ist jedes Verwertungsverfahren mit Ausnahme der energetischen Verwertung und der Aufbereitung zu Materialien, die für die Verwendung als Brennstoff oder als anderes Mittel der Energieerzeugung bestimmt sind. Zur stofflichen Verwertung zählen insbesondere die Vorbereitung zur Wiederverwendung, das Recycling und die Verfüllung (§ 3 Abs. 23a KrWG). Die energetische Verwertung meint hingegen die Aufbereitung von Abfällen für die thermische Verwertung durch Verbrennung. Ein Teil der Abfälle wird aber auch verbrannt, um sie zu beseitigen.
6 Destatis (2021): Abfallbilanz 2019. URL: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/Abfallwirtschaft/Publikationen/Downloads-Abfallwirtschaft/abfallbilanz-pdf-5321001.html (Abruf am 22. November 2021).
7 Destatis (2021): Abfallbilanz 2019.
8 Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE) (2020): Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020. URL: https://www.bde.de/themen/statusbericht-kreislaufwirtschaft/ (Abruf am 22. November 2021).
9 Die Recyclingquote (errechnet nach dem Gewicht der in Recyclinganlagen eingebrachten Abfälle) unterscheidet sich von der Einsatzquote (Anteil der tatsächlich recycelten Materialien sowie ihrem tatsächlichen Einsatz in der Produktion).
10 Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT (2016): Technische, ökonomische, ökologische und gesellschaftliche Faktoren von Stahlschrott. URL: https://www.bdsv.org/fileadmin/service/publikationen/Studie_Fraunhofer_Umsicht.pdf (Abruf am 22. November 2021). Aktuellere Zahlen sind derzeit nicht verfügbar.
11 Bundesvereinigung Deutscher Stahlrecycling Unternehmen e. V., Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e. V. (2019): Deutsche Stahl-schrottbilanz. Jahrsesschrottmarktbericht. URL: https://www.bvse.de/dateien2020/2-PDF/02-Presse/04-Schrott-ES-Kfz/2020/200424_060_Jahresrueckblick_Schrottmarkt_2019.pdf (Abruf am 22. November 2021).
12 Wirtschaftsvereinigung Metalle (2019): Metallstatistik 2019. URL: https://www.wvmetalle.de/presse/alle-publikationen/artikeldetail/?tx_artikel_feartikel%5Bfile%5D=fe3ca3c3ae5745332eb47663dcab29fbad7c0799&tx_artikel_feartikel%5Bsrc%5D=7990&tx_artikel_feartikel%5Baction%5D=download&cHash=aee391c88ffc19125fb9c4e68a5ea217 (Abruf am 22. November 2021).
13 Gesamtverband der Aluminiumindustrie e. V.: Recycling von Anfang an. URL: http://www.aluinfo.de/kreislaufwirtschaft.html (Abruf am 22. November 2021).
14 Wirtschaftsvereinigung Metalle (2019): Metallstatistik 2019.
15 BDE (2020): Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020.
16 Destatis (2021): Abfallbilanz 2019.
17 BDE (2020): Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020.
18 Destatis (2021): Abfallbilanz 2019.
19 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2020): Energiewende in der Industrie. Potenziale und Wechselwirkungen mit dem Energiesektor. Branchensteckbrief der Glasindustrie. URL: https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/energiewende-in-der-industrie-ap2a-branchensteckbrief-glas.pdf?__blob=publicationFile&v=4 (Abruf am 22. November 2021).
20 Umweltbundesamt: Elektroschrott: Deutschland verfehlt EU-Sammelquote von 45 Prozent knapp. URL: https://www.umweltbundesamt.de/presse/pressemitteilungen/elektroschrott-deutschland-verfehlt-eu-sammelquote (Abruf am November 2021).
21 Kreislaufwirtschaft Bau (2021): Mineralische Bauabfälle – Monitoring 2018. URL: https://kreislaufwirtschaft-bau.de/Arge/Bericht-12.pdf (Abruf am 22. November 2021).
22 Bundesverband Baustoffe – Steine und Erden e. V. (2016): Studie „Die Nachfrage nach Primär- und Sekundärrohstoffen der Steine-und-Erden-Industrie bis 2035 in Deutschland“ URL: https://www.baustoffindustrie.de/fileadmin/user_upload/bbs/Dateien/2016-04-07_BBS_Rohstoffstudie.pdf (Abruf am 22. November 2021).
23 BDE (2020): Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2020.
24 Umweltbundesamt (2019): Stoffstromorientierte Ermittlung des Beitrags der Sekundärrohstoffwirtschaft zur Schonung von Primärrohstoffen und Steige-rung der Ressourcenproduktivität. URL: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2019-03-27_texte_34-2019_sekundaerrohstoffwirtschaft.pdf (Abruf am 22. November 2021).
25 Hierzu zählen die 17 Metalle der Gruppe der Seltenen Erden wie Neodym, aber auch Konfliktrohstoffe wie Zinn, Tantal (Coltan), Wolfram oder auch Platin und Lithium.
26 Änderung des Basler Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung am 5. Mai 2019.