Empfehlungen des Unabhängigen Verwalters
Stand: Februar 2024
Hinweise und Empfehlungen aus der Durchführung des Zahlungsabgleichs auf Basis des systembasierten Ansatzes
Der EITI-Standard 2019 verlangt eine umfassende Veröffentlichung aller wesentlichen Zahlungsströme, die aus dem nationalen Rohstoffsektor an staatlichen Stellen geleistet werden. Diese Angaben zu Zahlungsströmen haben den Anforderungen von Verlässlichkeit, Verständlichkeit und öffentlicher Verfügbarkeit zu genügen (vgl. EITI-Anforderungen 4.1 und 4.9). Die Sicherstellung der Verlässlichkeit der veröffentlichten Zahlungsströme erfolgte im Rahmen der ersten beiden deutschen EITI-Berichte u.a. durch das bisherige „Standardverfahren“ eines unmittelbaren Abgleichs der durch die teilnehmenden Unternehmen gemeldeten Zahlungsströme mit den Zahlungseingängen auf Seiten der staatlichen Stellen („Zahlungsabgleich“). Daraus ergaben sich keine bzw. keine erwähnenswerten Differenzen zwischen geleisteten und empfangenen Zahlungen zwischen Unternehmen und staatlichen Stellen.
Mit dem dritten deutschen EITI-Bericht für den Berichtszeitraum 2018 begann in Abstimmung mit dem internationalen Sekretariat der EITI die Entwicklung und Anwendung eines alternativen Verfahrens der Qualitätssicherung der durch die Rohstoffindustrie gemeldeten Zahlungsströme an staatliche Stellen, das auch für den vorliegenden sechsten D-EITI-Bericht angewendet wurde. Das Verfahren beruht auf einem systembasierten Ansatz, nach dem die ursprünglichen, aussagebezogenen Einzelfallprüfungen der Zahlungsströme der teilnehmenden Unternehmen durch einen mehrstufigen, systembasierten Ansatz der Informationsgewinnung und Analyse von für EITI relevanten Prozessen und Kontrollen, insbesondere auf Seiten der staatlichen Stellen, ersetzt wird.
Ziel ist es, die MSG in die Lage zu versetzen, eine fundierte Beurteilung darüber abzugeben, ob für den jeweiligen Berichtszeitraum Risiken einer nicht ordnungsgemäßen Abwicklung rohstoffbezogener Zahlungsströme an staatliche Stellen erkennbar sind oder nicht. Abhängig vom Ergebnis dieser Risikobeurteilung schließt sich in der Folge das Verfahren an, mit dem die gemeldeten Zahlungen der teilnehmenden Unternehmen beurteilt werden. Sollten Risiken identifiziert werden, die auf eine eingeschränkte Ordnungsmäßigkeit der für EITI relevanten (Zahlungs-)Prozesse bzw. Kontrollen hindeuten, kommen für die betroffenen Zahlungsströme zunächst weitere Untersuchungshandlungen und, in letzter Konsequenz, auch eine Rückkehr zum Zahlungsabgleich in Betracht. Werden demgegenüber keine entsprechenden Risiken identifiziert, erfolgt die eigentliche Beurteilung der Zahlungsströme auf Basis von Plausibilitätsbeurteilungen.
Mit der Umsetzung des systembasierten Ansatzes haben sich die Aufgaben der Mitglieder der MSG und des Unabhängigen Verwalters gegenüber dem bisherigen Standardverfahren des Zahlungsabgleichs verändert. Der Prozess der Risikobeurteilung beruht u.a. auf einer umfassenden Erhebung und Auswertung von Informationen, die für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Zahlungsabwicklung zwischen Unternehmen und staatlichen Stellen relevant sein könnten. Hierzu zählen u.a. die Auswertung von Berichten der zuständigen örtlichen und überörtlichen Rechnungsprüfung bzw. der Rechnungshöfe. Entsprechendes gilt für Erkenntnisse von Verbänden oder Vereinen über für die Risikobeurteilung ggf. relevante Erkenntnisse bzw. einschlägige Berichterstattung in relevanten Medien. Wir empfehlen eine stärkere Einbindung der Mitglieder der MSG in diesen Beurteilungsprozess dergestalt, dass öffentlich verwertbare Informationen und Anhaltspunkte aus dem jeweiligen beruflichen Umfeld der MSG-Mitglieder mit möglicher Relevanz für die Risikobeurteilung in Form eines „Regelprozesses“ in Zusammenarbeit mit dem EITI-Sekretariat erfasst werden. Sollten sich im Berichtsjahr keine relevanten Erkenntnisse ergeben haben, wäre entsprechend eine Negativmeldung gegenüber dem Sekretariat abzugeben.
Empfehlungen im Zusammenhang mit der Umsetzung der Anforderungen aus der Richtlinie der EU zur Nachhaltigkeitsberichterstattung
Ferner empfehlen wir der MSG eine inhaltliche Befassung mit der „Corporate Sustainability Reporting Directive – CSRD“ (Richtlinie (EU) 2022/2464), also der Richtlinie zur unternehmerischen Nachhaltigkeitsberichterstattung. Am 22. Dezember 2023 wurden im Amtsblatt der Europäischen Union die Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772 veröffentlicht, die zwölf Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (European Sustainability Reporting Standards, ESRS) enthält. Zudem hat die für die Erarbeitung der Berichtsstandards zuständige „European Financial Reporting Advisory Group“ (EFRAG) im Februar 2023 ein Arbeitspapier in Vorbereitung auf einen European Sustainability Reporting Standard (ESRS) „Mining, Quarrying and Coal“1 veröffentlicht. Dieses erste Arbeitspapier zu einem sektorspezifischen Berichtsstandard nimmt expliziten Bezug auf die Qualitätssicherungsmechanismen der EITI und leitet hieraus Berichterstattungspflichten für Unternehmen der Rohstoffbranche ab. Die Arbeiten zu diesem sektorspezifischen Berichtsstandard dauern an.
Die der Richtlinie unterliegenden Unternehmen sind u.a. aufgerufen zu beurteilen, welche Angaben als „relevant“ im Sinne von „wesentlich“ für die eigene Berichterstattung anzusehen sind. Hierzu gilt es aus Unternehmenssicht, sich einen angemessenen Überblick über die von den verschiedenen Stakeholdern als jeweils relevant erachteten Aspekte im Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verschaffen. Die MSG als zentrales Element der jeweiligen EITI-Umsetzung kann hierbei – länderübergreifend – als wichtiger Stakeholder angesehen werden.
Vor dem Hintergrund der mit EITI-Standard 4.1 und 4.9 verfolgten Zielsetzung der Sicherstellung von Datenqualität und Ordnungsmäßigkeit der Zahlungsabwicklung könnten insbesondere ESRS G1-3 (Verhinderung und Aufdeckung von Korruption und Bestechung) sowie G 1-5 (politische Einflussnahme und Lobbytätigkeiten) als aus Sicht von EITI relevante Aspekte im Kontext der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Frage kommen. Im Hinblick auf die Weiterentwicklung des Pilotverfahrens empfehlen wir der MSG eine Befassung mit diesen Anforderungen und die Entwicklung einer Sichtweise, ob und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen, die MSG eine entsprechende Berichterstattung der Unternehmen als wesentlich ansehen würde.
1 EFRAG (2023): Mining, Quarrying and Coal; URL: https://www.efrag.org/Assets/Download?assetUrl=%2Fsites%2Fwebpublishing%2FMeeting%20Documents%2F2212281050436715%2F04-02-%20SRB%20230227%20Mining%2C%20Quarrying%20and%20Coal.pdf&AspxAutoDetectCookieSupport=1 (Abruf am 15. Januar 2024).